Das Playboy Interview

( geführt von Eric Norden)

Playboy : Der Protagonist von Brennen muß Salem !,ein aufstrebender junger Autor,der Ähnlichkeiten mit seinem Schöpfer aufweist, gesteht einmal :>>Wenn ich manchmal nachts im Bett liege, denke ich mir ein Playboy-Interview mit mir selbst aus. Zeitverschwendung. Sie nehmen nur Autoren, wenn ihre Bücher groß rausgekommen sind. <

King : Großartig ! Gefällt mir ! Und es ist meinem Ego natürlich ungeheuer zuträglich, wenn ich mir vorstelle, Partner einer Ihrer Interviews zu sein, bei dem mein Name schwarz und fettgedruckt erscheint, und dazu die Fotos unten auf der Seite, über den Zitaten, wo ich es etwas versaut und mich verplappert habe. Es ist eine Ehre, in der unsterblichen Gesellschaft von George Lincoln Rockwell und Albert Speer und James Earl Ray zu sein.Was war los, konntet ihr Charles Manson nicht bekommen ?

Playboy : Wir haben Sie dieses Jahr als unseren Angstmacher auserkoren. die Abstimmung war nicht einmal knapp.

King : O.K., Waffenstillstand. Ich freue mich wirklich ,denn als ich-scheinbar ohne nennenswerten Erfolg - versuchte ,den Durchbruch als Schriftsteller zu schaffen ,las ich immer Ihre Interviews, und sie waren mir stets ein sichtbares Symbol der Errungenschaft ebenso wie des Ruhms. Ich krame ,wie die meisten Schriftsteller, in meinen Erinnerungen nach Stoffen ,aber ich bin selten wirklich explizit autobiographisch. Der Abschnitt aus Brennen muß Salem den Sie zitiert haben, ist eine Ausnahme ,und er spiegelt meine Einstellung aus der Zeit wieder ,bevor ich mein erstes Buch verkaufte als wirklich nichts zu klappen schien. Wenn ich in jenem schwarzen Loch der Nacht ,wenn alle Zweifel und Ängste und Unsicherheiten fauchend auf einen Einstürmen - die Skandinavier nennen das die Wolfsstunde - nicht schlafen konnten , lag ich im Bett und fragte mich , ob ich nicht das kreative Handtuch werfen sollte. Dann dachte ich mir Masturbationsphantasien aus , in denen ich ein erfolgreicher und angesehener Schriftsteller war. Dort fing mein imaginäres Playboy-Interview an. Ich stellte mir vor , wie ich ruhig und gefaßt, majestätisch sein würde , wie ich mit erleuchtet formulierten Antworten auf die schwersten Fragen antworten und brillante Apercus wie Tennisbälle von der Wand abspielen würde. Und jetzt , wo sie tatsächlich hier sind , werde ich wahrscheinlich nichts anderes tun als stammelnde Ungereimtheiten von mir geben ! Aber ich schätze , daß es eine gute Therapie war. Es beschäftigte mich die Nacht über.

Playboy: Was Sie die Nacht über beschäftigt , wird ein wesentliches Thema dieses Interviews sein. Interessierten Sie sich als Kind für Gespenstergeschichten ?

King: Ghulchen und Gespensterchen und alles , was in der Nacht herumspukt - was sie wollen , ich liebte alles ! Damals konnte mein Onkel Clayton , ein großartiger alter Bursche , der seinen kindlichen Sinn für das Wunderbare nie verloren hatte , einige der besten Geschichten erzählen. Onkel Clayt schob die Jagdmütze auf seinem schlohweissen Haarschopf zurück , rollte sie mit einer leberfleckigen Hand eine Buckler-Zigarette zündete sie mit einem Diamond-Streichholz an , daß er an seiner Schuhsohle anzündete und fing an, tolle Geschichten zu erzählen , nicht nur von Gespenstern , sondern auch von hiesigen Legenden und Skandalen und familiären Angelegenheiten , den Unternehmungen von Paul Bunyan , allem unter der Sonne. Ich lauschte an Sommerabenden auf der Veranda atemlos seinem östlichem Akzent , und ich war in einer anderen Welt. Möglicherweise in einer besseren Welt.

Playboy : Haben diese fiktiven Geschichten Ihr Interesse am Übernatürlichen geweckt ?

King : Nein, das reicht zurück ,soweit ich mich erinnern kann. Aber Onkel Clayt war ein großartiger Geschichtenerzähler. Clayt war ein Original. Wissen sie, er konnte >>Bienen<< spüren. Das ist eine merkwürdige ländliche Begabung, die es einem ermöglicht, einer Honigbiene von einer Blume bis zu ihrem Bienenstock zu folgen- manchmal meilenweit durch Wälder und Unterholz und Moore, aber er hat nie eine verloren. Manchmal frage ich mich, ob dazu nicht mehr als nur gute Augen gehörten. Außerdem hatte Onkel Clayt noch eine andere Begabung : Er war ein Wünschelrutengänger. Er konnte mit einer alten Astgabel Wasser finden. Ich weiß nicht, wie und warum er es gemacht hat, aber er konnte es.

Playboy : Glauben Sie wirklich an dieses Ammenmärchen ?

King : Nun, eine entzündete Wunde mit einer Scheibe schimmeligen Brotes zu bedecken, das war auch ein Ammenmärchen, aber es ging dem Penicillin um tausend Jahre voraus. Aber zugegeben, anfangs war ich skeptisch, was das Wünschelrutengehen anbelangt, bis ich es tatsächlich selbst sah und erlebte- als Onkel Clayt sämtlich Experten Lügen strafte und einen Brunnen in unseren Vorgarten fand.

Playboy : Sind Sie sicher, daß Sie nicht einfach der Macht der Suggestion aufgesessen sind ?

King : Zugegeben, das wäre eine Erklärung, oder zumindest eine venunftsmäßige Begründung, aber ich bezweifle es. Ich war ein unerschütterlicher Skeptiker. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß es eine vollkommen logische und nicht übernatürliche Erklärung für das Wünschelrutengehen gibt- lediglich eine, die die Wissenschaft bis jetzt noch nicht versteht.

Es ist leicht, sich über solche Sachen lustig zu machen, aber vergessen Sie nicht Haldanes Gesetz, eine Maxime, die der berühmte britische Wissenschaftler J.B.S.Haldane geprägt hat: >>Das Universum ist nicht nur seltsamer, als wir uns vorstellen, es ist seltsamer, als wir uns vorstellen können. <<

Playboy : Hatten Sie sonst noch übersinnliche Erlebnisse als Kind?

King : Nun, nochmals, ich bin nicht sicher, ob das Wünschelrutengehen überhaupt übersinnlich war- wenigstens nicht in dem Sinne, wie der Ausdruck heute missbraucht wird.War es ein übersinnliches Erlebnis, wenn Menschen im achtzehnten Jahrhundert Steine vom Himmel fallen sahen? Das wissenschaftliche Establishment brauchte sicherlich noch fünfzig Jahre, bis die Existenz von Meteoriten eingestanden wurde. Aber um Ihre Frage zu beantworten nein, ich habe als Kind sonst nichts erlebt, das nach Übernatürlichem riecht.

Playboy : Haben wir nicht anderswo gelesen, daß es in Ihrem Haus- in dem dieses Interview übrigens stattfindet- spukt?

King : Oh, gewiß, es ist der Schemen eines alten Mannes namens Conquest, der vor etwa vier Generationen aus diesem irdischen Jammertal verschied. Ich habe den alten Tattler nie gesehen, aber wenn ich ab und zu bis spät in die Nacht arbeite, bekomme ich das unbehagliche Gefühl, daß ich nicht allein bin. Ich wünschte, er würde sich zeigen, vieleicht könnten wir zusammen Cribbage spielen. Niemand meiner Generation spielt das mit mir. Er starb übrigens im Salon, in dem wir gerade sitzen.

Playboy : Danke. Dürfen wir Ihren Erfahrungen mit dem Wünschelrutengehen und ähnlichen entnehmen, daß Sie an außersinnliche Wahrnehmung und übersinnliche Phänomene im allgemeinen glauben ?

King : Ich würde nicht sagen, daß ich daran glaube. Wissenschaftliche Verdikte schließen das meiste davon aus, und man sollte sich sicherlich nicht einfach gutgläubig akzeptieren. Aber ich bin nicht der Meinung, wir sollten sie nur deshalb abtun, weil wir nicht verstehen können, wie und warum und nach welchen Gesetzen sie funktionieren. Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Unerklärten und dem Unerklärlichen, daran sollten wir immer denken,wenn wir von sogenannten übernatürlichen Phänomenen sprechen. Ich persönlich ziehe übrigens den Ausdruck >> wilde Talente << vor, den der Science-Fiction-Autor Jack Vance geprägt hat.

Es ist jedenfalls zu schade , daß das orthodoxe wissenschaftliche Establishment solche Fragen nicht unvoreingenommener gegenübersteht, denn sie sollten rigorosen Untersuchungen und Überprüfungen unterzogen werden - schon allein aus dem Grund , daß sie nicht zur alleinigen Angelegenheit von Spinnern und Scharlatanen verrückter okkulter Randgruppen werden.

Es gibt eine Menge Beweise dafür , daß die amerikanische und die sowjetische dieses Thema verdammt viel ernster nehmen, als sie öffentlich zugeben wollen, und daß sie Forschungen höchster Priorität betreiben, um ein ganzes Spektrum esoterischer Phänomene zu verstehen und zu isolieren - von Leviation und Kirlian- Fotographie (das ist ein fotografischer Prozeß , der die menschliche Aura sichtbar macht ) bis hin zu Telepathie , Teleportation und Psychokinese .

Traurigerweise und wahrscheinlich seltsamerweise verfolgt keine Seite das Thema aufgrund einer objektiven Suche nach wissenschaftlicher Wahrheit. Sie interessieren sich in Wahrheit nur für Spionage und das militärische Potential, etwa um die Gehirne von Raketensilo- Kontolleuren zu verwirren oder um die Entscheidung von nationalen Führern in Krisensituationen zu beeinflussen. Eine Schande, denn wir sprechen hier davon, die Geheimnisse des menschlichen Verstandes zu enträtseln und die inneren Grenze zu erforschen. Das sollte man auf gar keinen Fall in den Händen des CIA oder des KGB lassen.

Playboy : Sowohl Carrie als auch Feuerkind handeln von den wilden Talenten junger Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Waren das literarische Aufarbeitungen des Poltergeist- Themas, wie es von Stephen Spielbergs Film Poltergeist populär gemacht wurde ?

King : Nicht direkt, wenngleich ich gestehen muß, daß eine Ähnlichkeit existiert. Poltergeistaktivität soll angeblich eine plötzliche Manifestation quasihysterischer Energie bei Kinder, im allgemeinen Mädchen, sein, die gerade in die Pubertät kommen. Diesbezüglich könnte man also sagen, daß speziell Carrie eine Art Poltergeist ist. Ich möchte aber damit nicht sagen, daß an dem sogenannten Poltergeist-Phänomen etwas objektiv Gültiges dran wäre, nur daß das eine der möglichen Erklärungen sein könnte. Aber ich habe das ganze Thema niemals ernsthaft recherchiert ,und die Fälle, von denen ich gelesen habe, sind von soviel National- Enquirer- Material und Senstationshascherei umgeben, daß ich dazu neige, mir ein Urteil zu verkneifen. Charlie McGee, das Mädchen in Feuerkind, besitzt tatsächlich einer spezielle Begabung, wenn das der richtige Ausdruck ist, die über das Poltergeist-Phänomen hinausgeht, auch wenn sie gelegentlich in Verbindung damit genannt wird. Charlie kann Feuer entfachen- sie kann Häuser niederbrennen, oder, wenn ihr kein anderer Ausweg mehr bleibt, Menschen. Beim ganzen Themenkreis wilder Talente war es während der Recherchen für Feuerkind faszinierend herauszufinden, daß es ein ausreichend dokumentiertes und dennoch völlig verblüffendes Phänomen mit der Bezeichnung Pyrokinese gibt, oder spontane menschliche Verbrennung, wobei ein Mann oder eine Frau in einem Feuer, das fast unvorstellbare Temperaturen erzeugt, gebraten werden- ein Feuer, das aus dem Inneren des Opfers zu kommen scheint. Es gibt medizinisch dokumentierte Fälle auf der ganzen Welt, in denen ein Leichnam zur Unkenntlichkeit verbrannt und das Bettlaken nicht einmal angesengt war. Manchmal sind die Opfer buchstäblich zu Asche verbrannt, und ich weiß durch Recherchen über Begräbnisrituale für ein neues Buch, daß die dazu erforderliche Hitze unglaublich ist. Sehen Sie, nicht einmal in einem Krematorium kann man das erreichen, daher steht ein Mann am anderen Ende des Förderbands auf dem der Leichnam aus dem Brennofen herauskommt, der einen Rechen hat, um die Knochen zu beseitigen, bevor sie jemanden in die kleine Urne fegen, die auf den Kaminsims gestellt wird.

Ich erinnere mich an einen Fall, der Mitte der sechziger Jahre durch die Presse ging, bei dem ein Junge einfach am Strand lag, als er plötzlich in Flammen aufging. Sein Vater zerrte ihn ins Wasser und tauchte ihn unter, aber er brannte unter Wasser weiter, als wäre er von einer Phosphorbombe getroffen worden. Der Junge starb, und der Vater mußte mit Verbrennungen dritten Grades an den Armen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Es gibt viele Geheimnisse auf der Welt, viele dunkle, schattige Ecken, die wir noch nicht erforscht haben. Wir sollten nicht so anmaßend sein, alles einfach abzutun, was wir nicht verstehen können. Das Dunkel kann Zähne haben, Mann !

Playboy : Das Dunkel war außerdem sehr lukrativ für Sie. Abgesehen von den phänomenalen Verkaufszahlen der Bücher selbst, wurde aus Brennen muß Salem ! als Miniserie ans Fernsehen verkauft, und aus Carrie und Shining wurden Kinofilme. Sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden ?

King : Nun, wenn man die enge Grenzen des Fernsehens bedenkt, dann hätte Brennen muß Salem ! wesentlich schlechter werden können. Bei dem Fernsehzweiteiler führte Tobe Hooper Regie, der mit Blutgericht in Texas Ruhm erlangte, und abgesehen von ein paar Patzern- daß er meinen Vampir Barlow zum Beispiel genau wie das leichenhaft unmenschliche Geschöpf der Nacht in dem berühmten Stummfilm Nosferatu aussehen ließ-, hat er seine Sache ziemlich gut gemacht. Ich atmete jedoch erleichtert auf, als Pläne, eine Fernsehserie daraus zu machen, aufgegeben wurden, weil das heutige Fernsehen einfach zu Institutionalisiert, feige und phantasielos ist, echten Horror zu machen.

Brian De Palmas Carrie war großartig. Er handhabte das Material gekonnt und künstlerisch uns spornte Sissy Spacek zu einer hervorragenden schauspielerischen Leistung an. Der Film ist in vieler Hinsicht besser als mein Buch, das meiner Meinung immer noch eine spannende Lektüre ist, aber von einer gewissen Schwerfälligkeit beeinträchtigt wird, einer Sturm- und- Drang- Eigenschaft, die im Film fehlt. Stanley Kubricks Version von Shining kann ich viel sicherer bewerten, weil ich der ganzen Sache immer noch zutiefst ambivalant gegenüberstehe. Ich bewundere Kubrick lange Zeit und machte mir daher größte Erwartungen, was das Projekt anbetraf, aber vom Endergebnis war ich zutiefst enttäuscht. Teile des Films sind grauenerregend und vollgepackt mit einem gnadenlosen klaustrophopischen Entsetzen, während andere deutlich abfallen.

Ich glaube, der Film hat zwei- grundlegende Probleme. Zunächst einmal ist Kubrick ein sehr kalter Mensch-pragmatisch und rational- ,und er hatte größte Schwierigkeiten ich eine übernatürliche Welt auch nur akademisch vorzustellen. Er rief mich zu --den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten an und sagte :>>Glauben Sie an Gott ?<< Ich dachte etwas nach und sagte dann :>> Ja, ich denke schon. >>Kubrick antwortete :>>Nein, ich glaube nicht, daß es einen Gott gibt.<< und legte auf. Nicht daß Religion im Horror enthalten sein muß, aber ein eingefleischter Skeptiker- wie Kubrick konnte das Schiere, unmenschliche Böse des Overlook- Hotels einfach nicht begreifen. Daher suchte er nach dem Bösen in den Personen und machte aus dem Film eine häusliche Tragödie mit nur vagen übernatürlichen Schwingungen. Das war der grundlegende Makel : Weil er selbst nicht glauben konnte, konnte er den Film auch für andere nicht glaubwürdig machen. Das zweite Problem liegt an der Charakterisierung und der Wahl der Darsteller. Jack Nicholson ist zwar ein guter Schauspieler, aber für diese Rolle überhaupt nicht geeignet. Seine letzte große Rolle hatte er in Einer flog über das Kuckucksnest gehabt, und damit und mit seinem irren Grinsen sah das Publikum schon bei der ersten Einstellung automatisch einen Irren in ihm. Aber das Buch handelt davon, wie Jack Torrance durch den verderblichen Einfluß des Overlook, das wie eine große Batterie ist, die mit einem so übermächtigen Bösen geladen wurde, daß sie alle verderben kann, die damit in Kontakt kommen, allmählich erst wahnsinnig wird. Wenn der Mann von Anfang an verrückt ist, dann ist die ganze Tragödie seines Unterganges nichtig. Aus diesem Grund hat der Film kein Zentrum und kein Herz, trotz seiner auf brillante Weise entnervenden Kameraeinstellungen und des atemberaubenden Einsatzes der Steadycam. Der grundlegende Fehler bei Kubricks Version von Shining ist, daß der Film von einem Mann gemacht wurde ,der zuviel denkt und zuwenig fühlt, und aus diesem Grund packt er einen nie richtig am Hals und wirkt, wie richtiger Horror wirken sollte.

Ich würde eines Tages gerne ein Remake von Shining machen, vieleicht sogar selbst Regie führen, wenn mir jemand genügend Seil gibt, mich selbst damit aufzuhängen.

Playboy : In Das Letzte Gefecht, das für viele Ihrer Fans eine Art Kultobjekt geworden ist, löscht ein sich rapide veränderter Grippevirus, der versehentlich vom US- Millitär freigesetzt wurde ,neun Zehntel der Weltbevölkerung aus und bereitet damit die Bühne für einen apokalyptischen Kampf zwischen Gut und Böse. Diesem Höchstmaß an Völkermord gingen Carrie und Feuerkind auf einer bescheideneren Ebene voraus, am Ende beider Bücher lassen die in die Enge getriebenen Heldinnen Feuer auf ihre Peiniger und auf Unschuldige gleichermaßen herabregnen, ebenso Brennen muß Salem !,wo die Stadt am Ende niederbrennt, und die Explosion und das Niederbrennen des Overlook Hotels am Ende von Shining .Ist in Ihnen ein Pyromane oder ein wahnsinniger Bombenleger, der danach schreit, befreit zu werden ?

King : Auf jeden Fall,und diese destruktive Seite meiner Natur findet starken Niederschlag in meinen Büchern.Mein Gott, es macht mir Spaß, Sachen niederzubrennen-jedenfalls auf dem Papier.Ich glaube,im wirklichen Leben wäre Brandstiftung nicht halb soviel Spaß machen wie in der Literatur.Eine meiner Lieblingsszenen aller meiner Werke findet sich etwa in derb Mitte von Das letzte Gefecht,als einer meiner Bösewichter,der Mülleimer-Mann,die vielen Tanks einer Ölraffinerie in Brand steckt und sie hochgehen wie Bomben.Es ist,als wäre der Nachthimmel selbst in Brand gesteckt worden.Mein Gott,das war riesig ! Ich schätze,das ist der Werwolf in mir,aber ich liebe Feuer,ich liebe Zerstörung.Sie ist groß und schwarz und aufregend.Wenn ich solche Szenen schreibe,dann komme ich mir vor wie Samson,der den Tempel niedereißt und auf alle Köpfe regnen läßt.

Das letzte Gefecht war eine besondere Erfüllung,denn da hatte ich die Möglichkeit ,die ganze menschliche Rasse auszurotten,und,Mann das hat vielleicht Spaß gemacht ! Wenn ich an der Schreibmaschine saß,fühlte ich mich wie Alexander der Große der das Schwert über dem gordischen Knoten erhoben hatte und knurrt : >>Scheiß drauf,ihn aufzupfriemeln,ich werde das auf meine Weise machen !<

Aber das Ende des buchres offenbart einen anderen,wie ich hoffe,konstruktiveren Aspekt.Nach der ganzen Auslöschung,dem Leiden und der Verzweiflung,ist Das letzte Gefecht inhärent optimistisch,weil es eine allmähliche Wieder Einführung menschlicher Werte beschreibt,als die Menscheit sich wieder aus der Asche erhebt und letztendlich das moralische und ökologische Gleichgewicht wieder herstellt.Bei allen schlimmen Szenen ist das Buch auch ein Vermächtnis an die Beständigen menschlichen Werte Mut,Güte,Freundschaft und Liebe,und am Ende wiederholt es Camus Bemerkung >>Auch das Glück ist unausweichlich<<

Playboy : Aber vor Wohlstand und Ruhm muß es doch auch eine Zeit gegeben haben,als Ihnen das Glück nicht unausweichlich erschienen ist.Wie schwer waren Ihre frühen Jahre ?

King : Nun,wollen wir sagen,daß ich wie jeder,der über Nacht erfolg hatte,meinen Preis bezahlen musste.Als ich Anfang der siebziger Jahre mit einem Abschluß in Englisch und einer Lehrerlaubnis das College verließ,stellte ich fest,daß eine Lehrerschwemme herrschte,daher arbeitete ich zunächst als Tankwart in einer Tankstelle und später für sechzig Dollar pro Woche als Bügler in einer Großwäscherei.Wir waren so arm wie Kirchenmäuse und hatten zwei kleine Kinder,und es erübrigt sich wohl zu sagen,daß es nicht leicht war,mit diesem Gehalt auszukommen.Meine Frau suchte sich arbeit in einem benachbarten Dunkin´Donuts und kam jeden Abend heim und roch wie ein Krapfen.Anfangs ein ganz netter Geruch,sie wissen schon,angenehm und süß,aber nach einer Weile wurde er verdammt penetrant-ich war seither nicht mehr imstande,einem Krapfen ins Gesicht zu sehen.

Wie auch immer,im Herbst 1971 bekam ich schließlich einen Job als Englischlehrer an der Hampden Academy,jenseits des Penobscot Rivers in Bangor,aber sie zahlten nur sechstausendvierhundert Dollar jährlich,kaum mehr,als ich voher verdient hatte.Ich mußte sogar nachts wieder in der Wäscherei arbeiten,damit wir uns über wasser halten konnten.Wir lebten auf einer kahlen,verschneiten Bergkuppe in Hermon,Maine,in einem Wohnwagen-was nicht der Arsch des Universums sein mag,aber bestenfalls einen Furz weit davon entfernt ist.Ich kam erschöpft von der Schule heim und zwängte mich mich in den Heizraum des Wohnwagens,wo ich Tabbys kleine tragbare Olivetti auf einen Kindertisch stellte,den ich auf den Knie balancieren mußte,und dort versuchte ich dann,funkelnde Prosa zu tippen.

Dort habe ich übrigens Brenn muß Salem ! geschrieben.Es war mein uzweites veröffentlichtes Buch,aber ich hatte den größten Teil davon fertig gestellt,bevor Carrie von Doubleday angekauft worden war.Und glauben Sie mir,wenn ich nach einem Tag des Unterrichtens nach Hause kam und mitansehen mußte,wie Tabby kühn mit einen Betrag unbezahlter Rechnungen jonglierte,war es ein Vergnügen,mich in diesen engen Heizraum zu zwängen und mit einer Horde blutsaugender Vampire zu kämpfen.Verglichen mit unseren Gläubigern,waren sie eine verdammte Erleichterung !

Playboy : Haben Sie zu der Zeit irgendwelche Sachen verkauft ?

King : Ja,aber nur Kurzgeschichten,und auch nur an die wenger verbreiteten Herrenmagazine wie Cavalier oder Dude.Das Geld war weiß Gott hilfreich,aber wenn Sie diesen speziellen Markt kennen,dann wissen Sie,daß es nicht viel war.Jedenfalls reichte das Honorar für meine Kurzgeschichten nicht aus,uns aus den roten Zahlen zu halten,und meine längeren Arbeiten führten zu nichts.Ich hatte mehrere Romane geschrieben,die von unlesbar über mittelmäßig bis ganz passabel reichten,aber alle waren abgelehnt worden,wenn gleich ich etwas Zuspruch von einem wunderbaren Lektor bei Doubleday namens Bill Thompson erhielt.Aber so dienlich seine Unterstützung auch war,damit konnte ich nicht zur Bank gehen.Meine Kinder hatten aufgetragene Sachen von Freunden und Verwandten an,unser alter klappriger Buick Special Baujahr 1965 war in rapider Selbstvernichtung begriffen,und wir mußten schließlich Mabell bitten,unser Telefon abzuholen.

Undzu alledem ging auch persönlich alles schief.Ich würde heute gern sagen,daß ich wacker aufgestanden bin und allen widrigen Umständen mutig die Faust ins Antlitz geschüttelt und unbeeinträchtigt weitergemacht habe,aber das kann ich nicht.Ich ergab mich dem Selbstmitleid und fing an,zuviel zu trinken und das Geld mit Poker und Glücksspiel durchzubringen.Sie kennen die Szene ja : Es ist Freitagabend,und man löst seinen Gehaltsscheck in der Bar ein und fängt an,sie runterzukippen,und ehe man sich versieht,hat man das halbe Lebensmittelbuget der Woche auf den Kopf gehauen.

Playboy : wie hat Ihre Ehe unter diesen Belastungen gehalten ?

King : Nun,eine Zeitlang stand sie auf Messers Schneide,und die Lage zu Hause konnte ziemlich angespannt werden,Es war ein Teufelskreis : Je kläglicher und unzureichender ich mich wegen meines Scheiterns als Schriftsteller fühlte,je mehr versuchte ich,mit der Flasche auszubrechen,was den häuslichen Stress nur verschärfte und mich noch deprimierter machte.Tabby war natürlich sauer wegen des Fusels,aber sie sagte mir,ihr wäre klar,der Grund für mein Trinken war,ich würde nicht mehr daran glauben,daß ich es noch schaffen,daß ich jemals ein Schriftsteller von irgendwelcher Bedeutung werden würde.Und ich hatte natürlich Angst,sie könnte recht haben.Ich lag nachts wach und stellte mir vor,ich wäre fünfzig,mit ergrautem Haar,kantigen Kiefer und ein einem Netzt von geplatzten Whiskey-Äderchen-wir hier in Maine nennen sie >Säufertätowierung<-auf der Nase,und einer verstaubten Truhe voll unveröffentlichten Romanen,die im Keller verfaulten,während ich den Rest meines Lebens _High-School-Englisch unterrichten und meinen letzten Rest literarischer Amitionen darauf verwende,die Schülerzeitung zu beraten oder Kurse in kreativem Schreiben abzuhalten.Bäääh ! Obwohl ich erst Mitte zwanzig war und vernunftsmäßig wußte,daß ich noch eineb Menge Zeit und Möglichkeiten hatte,baute sich der Druck,mit meiner Arbeit den Durchbruch zu schaffen,zu einer Art schieckem Crescendo auf,und wenn diese Chance vertan zu sein schien,fühlte ich mich schrecklich depremiert und in die enge getrieben.Ich kam mir vor wie in einem selbstmörderischen Rattenlabyrinth gefangen,aus dem es keinen Ausweg gab.

Playboy : Haben Sie jemals ernsthaft an Selbstmord gedacht ?

King : O Nein,niemals,dieser Ausdruck eben war lediglich ein sinnbildlicher Overkill.Ich habe meinen Teil menschlicher Schwächen,aber ich bin auch bis auf die Knochen störrisch.Das ist vieleicht das Maine-Erbe,ich weiß nicht.Wie dem aus sei,hat nicht Mencken gesagt,Selbstmord sei ein verspätetes Eingeständnis,daß die Meinng der Verwandten seiner Frau richtig ist ? Aber es hat mir schon Sorgen gemacht,welche Auswirkungen das alles auf meine Ehe hatte.Verdammt,wir waren damals schon auf schlüpfrigem Boden,und ich fürchtete,der Treibsand könnte gleich nach der nächsten Kurve anfangen.

Ich liebte meine Frau und die Kinder,doch der Druck wuchs,bekam meine Zweifel ihnen gegenüber.Einerseits wollte ich nichts mehr als für sie sorgen und sie beschützen-aber gleichzeitig hatte ich auch-da ich auf Zwänge der Vaterschaft unzureichend vorbereitet war-eine ganze Menge böser Gefühle,angefangen von Abneigung bis Zorn und gelegentlichem unverholendem Haß.Sogar Anfälle geistiger Gewalttätigkeit,die ich Gott sei Dank unterdrücken konnte. Ich wanderte um drei Uhr morgens in einer kalten Winternacht im engen Wohnzimmer unseres Wohnwagens herum und hatte meinen zahnenden,neun Monate alten Sohn Joe im Arm,der mir meistens aufs Hemd spuckte,und ich versuchte herauszufinden,wie und warum ich mich selbst diesem speziellen Irrenhaus anvetraut hatte.Dann stürmten sämtliche klaustrophobischen Ängste auf mich ein,und ich fragte mich,ob für mich nicht schon alles vorbei war,ob ich dem Traum eines Narren nachjagte.Manchmal heulte ein nächtlichres Schneemobil in der dunklen Ferne wie ein wütendes Insekt,und ich sagte zu mir :>>Scheiße,King,sieh es ein;du wirst den Rest deines Lebens verdammte High-School Kinder unterrichten.<

Playboy : Was war wichtiger für Sie-das Geld für Carrie oder die Tatsache,daß man Sie endlich als ernst zu nehmenden Romancier erkannt hatte ?

King : Eigentlich beides,auch wenn ich bezweifeln möchte,ob sie mich bei Doubleday für einen ernst zu nehmenden Romancier hielten.Sie hatten nicht diev Absicht,Carrie als diesjährige Antwort auf Madame Bovary anzupreisen,soviel steht fest.Obwohl es in dem Buch vieles gibt,das mir immer noch gefällt und zu dem ich stehe,bin ich der erste,der zugibt,daß es oft linkisch und unkünstlerisch ist.Aber Carrie war sowohl kreativ wie auch finanziell eine art Notausgang für Tabby und mich,durch den wir in eine völlig andersartige Existenz fliehen konnten.Verdammt,unser Leben veränderte sich so schlagartig,daß wir noch über ein Jahr später mit breitem.fassungslosem Grinsen im Gesicht herumliefen und kaum zu glauben wagten,daß wir endgültig aus dem Gröbsten heraus waren.Es war ein großartiges Gefühl der Befreiung,denn ich konnte endlich das Unterrichten an den Nagel hängen und meine.Wie ich glaube,einzige Funktion im Leben erfüllen : Bücher schreiben.Gute,schlechte oder gleichgültige Bücher,das müssen andere entscheiden;mir genügt es,einfach nur zu schreiben.Ich schreibe,seit ich zwölf Jahre alt war,anfangs zwar ernsthaft,aber sehr schlecht,und ich verkaufte Carrie,als ich sechsundzwanzig war,also hatte ich eine ziemlich lange Lehrzeit.Aber dieser erste Hardcovere-verkauf war durchaus süß !

Playboy : Sie haben angedeutet,daß der Zwang,Schriftsteller zu werden,in Ihnen wohnt,seit Sie ein Junge waren.War er eine Möglichkeit,einer unglücklichen Kindheit zu entfliehen ?

King : Virleicht,wenngleich es im allgemeinen unmöglich ist,sich der Empfindungen und Motivationen der Kindheit zu erinnern,noch weniger,sie zu begreifen oder vernunftmäßig zu analysieren.Kinder sind Gott sei Dank nach unseren vertrockneten Erwachsenennormen auf köstliche,kreative Weise verrückt.Aber es stimmt,daß ich als Kind Opfer vieler widersprüchlicher Gefühle war.Ich hatte Freunde und all das,aber ich fühlte mich häufig unglücklich und anders,anderen Kinder meines alters entfremdet._Ich war ein dickes Kind-kräftig war die Bezeichnung,die sie in Bekleidungsgeschäften dafür hatten-,und meine Koordination war schlecht,ich wurde immer zuletzt gewählt,wenn eine Mannschaft gebildet wurde.

Manchmal verspürte,speziell zwischen zehn und Zwanzig,einen gewalttätigen Impuls,als wolle ich es der Welt heimzahlen,aber ich hielt diese Wut im Verborgenen.Sie war ein unheimlicher Ort in mir selbst,den ich keinen anderen offenbaren wollte.Das liegt teilweise sicher daran,das mein Bruder und ich als Kinder eine rechte Rockziepfel Existenz führten.Mein Vater verließ uns,da war ich zwei und mein Bruder vier,und er ließ meine Mutter ohne einen roten Helller sitzen.Sie war eine wunderbare Dame,eine im altmodischem Sinn sehr wackere Dame,und sie ging arbeiten,um uns durchzubringen,meistens in irgendwelchen schäbigen Jobs,weil sie keine Ausbildung hatte.Nachdem mein Vater seinen Abgang gemacht hatte,führte sie eine haltlose Existenz und folgte normalerweise den Jobs durchs Land.Wir reisten durch Neuengland und den Mittelwesten,und eine schlechtbezahlte Stelle folgte der anderen.Sie arbeitete als Büglerin und Krapfenbäckerin-wie meine Frau zwanzig Jahre später-,als Haushälterin,Lagerarbeiterin,was sie wollen :sie hat es getan.

Playboy : Hat es irgendwelche bleibenden Narben hinterlassen,am Rande der Armut zu leben ?

King : Nein,ich habe es weder damals noch heute als Armut betrachtet.Wir haben keineswegs ein Leben immerwährenden Elends geführt,und wir haben nie eine Mahlzeit versäumt,auch wenn selten ein feines Lendensteak auf unseren Tellern war.Als ich zehn war,zogen wir schließlich nach ;Maine,in die kleine Stadt Durham.Wir führten zehn Jahre praktisch eine Tauschexistenz,ohne jemals Bargeld zu sehen.Wenn wir Essen brauchten,brachten Verwandte eine Tüte Lebensmittel vorbei;wenn wir Kleidung benötigten,gab es immer etwas Aufgetragenes.Glauben Sie mir,ich war in der Schule nie auf der Liste der Bestangezogensten ! Der Brunnen versiegte in diesem Jahr,und wir mussten den Außenabort benützen.Es gab auch kein Bad oder eine Dusche,und wir mussten in den eiskalten Wintern von Maine etwa eine halbe Meile zu meiner Tante Ethelyn gehen,um ein heißes Bad zu nehmen.Scheiße,wir dampften,wenn wir durch den Schnee nach Hause gingen.Ich schätze daher schon,daß es eine harte,strapazierende Existenz war,ja,aber keine verarmte im wichtigsten Sinne des Wortes.Dank meiner Mutter fehlte es nie an einem,und das war,so kitschig es sich anhören mag,das zu sagen,Liebe.In diesem Sinne war ich wesentlich gesegneter als zahllose Kinder von wohlhabenden oder Mittelschichtfamilien,deren Eltern für alles Zeit haben,nur nicht für ihre Kinder.

Playboy : Hat Ihr Vater in den Jahren,seit seinem Weggehen,jemals Kontakt mit Ihnen aufgenommen,entweder aus Schuldgefühlen,oder-angesichts Ihres neuerlangten Reichtums-Gier ?

King : Nein,auch wenn ich vermute,letzteres wäre wahrscheinlichere Motivation.Es war übrigens ein klassisches verlassen,er hat nicht einmal ein Schriftstück der Erklärung oder der Rechtfertigung hinterlassen.Er sagte buchstäblich,er würde ins Lebesmittelgeschäft gehen,um Zigaretten zu holen,und er hat keines seiner Besitztümer mitgenommen.Das war 1949,und seither hat keiner von und je wieder was von dem Mistkerl gehört.

Playboy : Jetzt sind sie ein Multimillionär,dem mehr Mittel zur Verfügung stehen,als Ihre Mutter sich je hätte träumen lassen-haben sie daran gedacht,eine eigene Untersuchung zu veranlassen,um ihen Vater zu finden oder wenigstens festzustellen,ob er noch lebt oder tot ist ?

King : Im Laufe der Jahre ist mir das ein paar Mal durch den Kopf gegangen,aber etwas hat mich immer zurückgehalten.Aberglauben,nehme ich an,wie das alte Sprichwort,daß man schlafende Hunde nicht wecken soll.Um die Wahrheit zu sagen,ich weiß nicht,wie ich reagieren würde,sollte ich ihn je finden und ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.aber selbst wenn ich je eine Untersuchung anfangen würde,ich glaube nicht,daß etwas dabei herauskommen würde,weil ich ziemlich sicher bin,daß mein Vater tot ist.

Playboy : Warum ?

King : Nach allem,was ich über meinen Vater gehört habe,müßte er sich mittlerweile selbst ausgebrannt haben.er hat viel getrunken und gezecht.Andeutungen meiner Mutter konnte ich entnehmen,daß er mehr als einmal Ärger mit dem Gesetz hatte.Er hat häufig genug Tarnnamen benutzt-er wurde als Donald Spansky in Peru geboren,dann nannte er sich Pollack und ließ seinen Namen schließlich gesetzlich in King ändern.

Er fing als Elecrolux-Vertreter im Mittelwesten an,aber ich glaube,er hat unterwegs seinen Quittungsblock verschwinden lassen.Mewine Mutter hat mir einmal gesagt,er war der einzigste Mann des Vertreterteams,der regelmäßig schönen jungen Witwen um zwei Uhr morgens Staubsauger vorführte.wie meine Mutter sagte,war er ein rechter Frauentyp,und ich habe möglicherweise eine wunderschöne uneheliche Halbschwester in Brasilien.Wie auch immer,er war ein rastloser Mann,ein >>Travelin Man<<,wie in dem Lied heißt.Ich glaube,er kam leicht in Schwierigkeiten.

Playboy : Sie sind also nicht unbedingt erpicht darauf,als Ihres Vaters Sohn angesehen zu werden ?

King : Wollen wir hoffen,daß in meinen Fall das Erbteil hinter den Umwelteinflüßen zurücksteht.Nach allem,ewas ich gehört habe,hat mein Vater mich jedenfalls um Längen geschlagen,was die Eheabteilung anbelangt,wo ich monoton monogam bin,aber ich habe eine Schwäche für Fusel,die ich zu beherrschen versuche und ich liebe schnelle Autos und Motorräder.Seine Wanderlust teile ich eindeutig nicht,was einer der Gründe ist,warum ich in Maine geblieben bin,obwohl ich mittlerweile die finanziellen Möglichkeiten hätte,überall in der Welt zu leben.Seltsamerweise scheint die einzige Gemeinsamkeit unser literarischer Geschmack zu sein.Mein Vater empfand eine heimliche Liebe zu Sciene-Fiction und Horror-Geschichten,und er hat selbst versucht,welche zu schreiben,die er den bedeutenen Magazinen einer Zeit,etwa Bluebook und Argosy,anbot.Aber er verkaufte keine Geschichte,und es ist keine erhalten.

Playboy : Ein Album der persönlichen Belange Ihres Vaters nimmt im Arbeitszimmer Ihres Sommerhauses eine herausragende Stelle ein.Deutet dieser Erhalt eines Erinnerungsstückes an einen Mann,den sie nie persönlich gekannt haben,nicht an,daß sie geistig immer noch an dieser Wunde nagen ?

King : Nein.Die Wunde selbst ist veheilt,aber das schließt ein Interesse,wie und warum sie zugefügt wurde,nicht aus.Und ich glaube,das ist sehr weit davon entfernt,an einem seelischen Schorf zu kratzen.wie auch immer,dieses album,daß sie erwähnen.Ist keine art heiliger Schrein zu seinem Gedenken,sondern lediglich ein paar Souveniers : einige eselsohrige Postkarten,die er meiner Mutter aus verschiedene Häfen geschickt hat,besonders in Lateinamerika;ein paar Fotos verschiedener Schiffe,auf denen er gesegelt ist;ein verblichenes und eher schmeichelndes Porträt eines mexikanischen Markztplazes.Nur die Habseligkeiten,die er hinterlassen hat,wie der Leichnam in den E.C.Horror-Comics der fünfziger Jahre-Herrgott,wie ich diese Dinger geliebt habe !,der aus seinem feuchten Grab zurückkehrt,um an seiner Frau und ihrem geliebten,die ihn umgebracht haben,Rache zu nehmen,aber voher ruft er sie an und flüstert :,>>Ich komme : Ich wäre schon früher da,aber es fallen ständig Stücke von mir ab.<<

Nun,die Stücke,die meinem Vater unterwegs abgefallen sind,sind in diesem kleinen Album aufbewahrt wie in einer Zeitkapsel.Alles hört 1949 auf,als er die Flatter machte.Manchmal blättere ich die Seiten durch,und das erinnert mich an einen kalten Herbstnachmittag in den fünfziger Jahren,als mein Bruder und ich einige alte Filmrollen fanden,die mein Vater aufgenommen hatte.Er war offenbar ein großer Fotofan,aber abgesehen von ein paar Schnappschüssen haben wir nie viel von seiner Kunst gesehen.Meine Mutter hatte den Film sauf dem Dachboden meiner Tante und meines Onkels verstaut.Da waren also die beiden Kinder-ich mußum die acht und David um die zehn gewesen sein-,die sich abmühten,den Dinosaurier von einem Filmprojektor zu bedienen,den wir gemietet hatten.

als wir ihn endlich am Laufen hatten,war das Material zunächst ziemlich enttäuschend-jede Menge fremde Gesichter und exotischer Schauplätze,aber keine spur von dem alten.Dann,nachdem wir mehrere Filmspulen angesehen hatten,sprang David plötzlich auf und rief :>>Das ist er ! Das ist unser Vater !<< Er hatte einem seiner Kumpels die Kamera gegeben,und da war es,er lehnte an der Schiffsreling,im Hintergrund die wogende See.Mein alter Herr.David erinnerte sich an ihn,aber für mich war es das Gesicht eines eines Fremden.Wie das Meer aussah,war er wahrscheinlich irgendwo im Nordatlantik,also muß der Film während des Krieges aufgenommen worden sein.Er hob die Hand und lächelte und winkte damit seinen Söhnen zu,die noch gar nicht geboren waren.He,Dad,vergiß nicht zu schreiben.

Playboy : Wenn man bedenkt,ewas sie schreiben,haben Sie jemals daran gedacht,zu einer Seance zu gehen oder nach einer anderen übernatürlichen Möglichkeit zu suchen,kontakt mit ihm aufzunehmen ?

King : Soll das ein Witz sein ? Ich habe in meinem ganzen Leben keine Seance besucht ! Mein Gott,nein ! Das würde ich als allerletztes tun,eben weil ich so wenig über das Thema Bescheid weiß.Sie könnten mich nie zu so etwas bringen,und dassselbe gilt für das Ouija-Brett.Diese ganze Scheiße-Finger weg ! Zugegeben,ich weiß,die meisten Medien sind Schwindler,Betrüger und Täuschungskünstler,die übelsten menschlichen Geier,die aus dem Elend und Leid und der Einsamkeit der Menschen ein Geschäft machen.aber wenn Wesenheiten dort draußen schweben-körperlose Geister,Dämonen,wie immer man sie nennen möchte-,dann ist der Gipfel der Narrerei,sie aufzuforedern,einen als Leitung in diese Welt zu benützen.es könnte ihnen gefallen,was sie sehen,Mann,und sie könnten beschließen zu bleiben !

Playboy : Ist Ihre angst vor Seancen ein einmaliges Phänomen,oder stehen Sie allen Aspekten das sogenannten Übernatürlichen abergläubisch gegebüber ?

King : Oh,sicher,ich bin von Natur aus ziemlich abergläubisch.Ich meine,ein Teil meines Verstandes,der rationale Teil,will sagen :>>Komm schon,Mann,das ist alles blöde Scheiße<<,aber der andere Teil,der Teil,der so alt ist wie der erste Höhlenmensch,der sich an seinem Feuer niederkauert,während etwas Riesiges und Hungriges in der nacht heult,sagt :<

Playboy : Haben Sie Angst vor der Dunkelheit ?

King : Selbstverständlich.Hat das nicht jeder ? Ich kann sogar meine eigene Familie manchmal nicht verstehen.Ich schlafe nur,wenn ein Lich im Zimmer brennt,und es erübrigt sich wohl zu sagen,daß ich sehr genau darauf achte,daß die Bettdecke ganz fest unter meine Füße gesteckt ist,damit ich nicht mitten in der Nacht aufwache und eine klamme Hand meinen Knöchel umklammert.als wir jung verheiratet waren,das war im Sommer,schlief Tabby unverhüllt,während ich dalag unds die Decke bis an die Augen hochgezogemn hatte,und sie sagte :>>Warum schläfst du so komisch ?<Sie hat einen flauschigen Teppich um unser Doppelbett herum gelegt,und das bedeutet,einen man vor dem Zubettgehen nachsehen will,was sich darunter versteckt,muß man diesen Teppich hocheben und die Nase direkt darunterschieben.Und das ist zu nah,Mann;etwas könnte einem das Gesicht wegkratzen,bevor man es überhaupt sehen kann.aber Tabby kann meinen Standpunkt einfach nicht einsehen.

Playboy : Haben Sie jemals daran gedacht,mit einem Besenstiel unter dem Bett rumzustochern ?

King : Nee,mann,das wäre memmenhaft.Ich meine,wir haben ab und zu Gäste,die über Nacht bleiben;wie würde es aussehen,wenn sie am nächsten Morgen sagen würden :>Gute Güte,wir sind gestern abend ins Bad gegangen,und dabei haben wir Steve gesehen,der auf Händen und Knie war und einen Besenstiel unter Bett geschoben hat.<>Vergiß nicht,das Licht auszumachen und die Tür zu schließen,wenn Du gehst,Daddy.<< Das Licht ausmachen ! Die Tür schließen ! Wie halten sie das nur aus ? Ich meine,großer >Gott,alles mögliche könnte in ihren Zimmern sein,sich im Schrank zusammenkauern oder unter dem Bett verstecken und nur darauf warten,hervorzukriechen,zu ihnen zu schleichen und die Fangzähne in sie zu schlagen ! Dsiese Wesen können das Licht nicht ertragen,wissen Sie,aber die Dunkelheit ist gefährlich ! Aber versuchen Sie einmal,das den Kindern begreiflich zu machen.Ich hoffe nur,es ist alles in Ordnung bei ihnen.Gott weiß,als ich in ihrem alter war,da wußte ich genau,das das Schreckgespenst auf mich wartete.Vieleicht wartet es immer noch.

Playboy : Was macht Ihnen,abgesehen von Ihrer eigenen Phantasie,noch Angst ?

King : Ein Film,den ich mit Sicherheit nie vergessehn werde,ist ,Fliegende Untertassen greifen an,mit Hugh Marlowe

in der Hauptrolle;es war grundsätzlich ein Horrorfilm,der sich als Science-Fictionverkleidet hatte.Es war Oktober 1957,ich war gerade zehn geworden,und ich sah ihn im alten Stratford-Theater in der Innenstadt von Stratford,Connecticut-eine von diesen Vierteldollar-pro-Vorführung,Samstagnachmittagsmatineen für Kinder. Der Film war eine reine Routineangelegenheit.Er handelte von einer Invasion der erde durch eine tödliche Rasse außerirdischer von einem sterbenen Planeten;aber gegen Ende-als der Film sich gerade dem guten Teil näherte,als Washington in Flammen augfging und die letzte interstellare Schlacht bevorstand-wurde die Leinwand plötzlich schwarz.Nun,Kinder fingen an zu klatschen und Buhrufe auszustoßen,weil sie dachten,der Vorführer hätte einen Fehler gemacht oder der Film wäre gerissen,aber dann gingen auf einmal die Lichter im Kino an volle Stärke an,was alle überraschte,denn so etwas war noch nie während eines Films vorgekommen.Dann kam ein bleich aussehender Geschäftsführer den Mittelgang entlang,erklomm die Bühne und sagte mit zitternder Stimme :>>Ich möchte ihnen mitteilen,daß die Russen einen Weltraumsatelliten in die Erdumlaufbahn geschossen haben.sie nennen ihn Sputnik.<

Es folgte,eine lange,gedämpfte Pause,während diese Bande Kinder der fünfziger Jahre in umgekrempelten Jeans,mit Bürstenhaarschniten oder Zauseschnitten oder Pferdeschwänzen versuchte,das zu verdauen;und dann schnitt plötzlich eine den tränen nahe,aber dennnoch von bebenden Zorn erfüllte Stimme durch das fassungslose schweigen :>>Ach,zeigen sie den Film weiter,sie Lügner !<< Der Film ging nach ein paar Minuten tatsächlich weiter,aber ich saß einfach erstarrt auf meinem Sitz,weil ich wußte,daß der Geschäftsführer nicht gelogen hatte.

Es war ein grauenerregendes Wissen für ein Mitglied dieser ganzen Generation von Kriegsbabys,die mit Captain Video und Terry and The Pirates und Combat-Casey-Comics groß geworden waren,sich im Mythos von der amerikanischen Unverwundbarkeit und moralischen Überlegenheit geborgen fühlten und überzeugt waren,sie seien die Guten und Gott wäre mit ihnen bis ans Ende.Ich stelle sofort die Verbibdung zwischen dem Film,den wir sahen,und der Tatsache her,daß die Russen einen Weltraumsatelliten am Himmel kreisen hatten,der,wie ich wußte,mit H-Bomben gefüllt sein mochte,die bereit waren,auf unsere arglosen Köpfe herabregnen.In diesem Augenblick überkreuzten sich die Ängste des erfundenen Horrors lebhaft mit der Realität eines möglichen nuklearen Holocaust;der Übergang von Fantasy zur wirklichen Welt wurde mit einmal wesentlich geheimnisvoller und bedrohlicher.Und während ich da saß,endete der Film mit den stimmen der bösen eindringenden Untertassenpiloten,die als letzte Drohung von der Leinwand hallten :>>...Seht zum Himmel...<

Playboy : Kinder haben,wie Sie sagen,eine aktive Phantasie,abe war Ihre nicht auf ungesunde weise überhitzt ?

King : Ich glaube,die meisten Kinder haben einige meiner morbiden Besessenheiten,und bei denen,die es nicht haben,fehlt es wahrscheinlich etwas._Ich schätze,es ist alles eine Frage des Ausmaßes.Eine aktive Phantasie hat immer zu der Last gehört,die ich mit mir herumschleppen mußte,und wenn man ein Kind ist,kann das mitunter ein verdammt grausamer Tribut sein.Aber viel Ängste,mit denen ich zurechtkommen lernen mußte,hatten nichts mit dem Übernatürlichen zu tun.Sie entstammten zahlreichen alltäglichen Ängsten und Unsicherheiten,mit denen virele Kinder zurechtkommen müssen.Während ich heranwuchs,dachte ich zum Beispiel häufig darüber nach,was passieren würde,sollte meine Mutter sterben und ich zum Waisen werden.Nun würde ein Kind mit wenig Phantasie,mit einer großen Zukunft im Computerprogrammieren oder im Handelsministerium,zu sich sagen :>>Ach was,sie ist nicht tot,sie ist nicht einmal krank,also vergiß es.<< Aber mit der Phantasie,die ich hatte,konnte man die Bilder nicht einfach wieder abschalten,wenn man sie heraufbeschworen hatte,daher sah ich meine Mutter in einem mit Seide ausgekleideten Mahagoniesarg mit Messinggriffen,und ihr totes Gesicht war ausdruckslos und wächsern;ich höre die Orgel im Hintergrund spielen;und dann sah ich mich selbst,wie ich von einer schrecklich alten Dame in Schwarz zu einer Art dickenscher Arbeitsstelle gezerrt wurde.

Was mir an der Vorstellung vom Tod meiner Mutter am meisten zu schaffen machte,war nicht,zu irgendeiner Institiution verschleppt zu werden,so schlimm das gewesen sein mochte,sondern ich hatte Angst,ich könnte den Verstand verlieren.

Playboy : Hatten sie je Zweifel an Ihrer geistigen Gesundheit ?

King : Ich habe ihr nicht vertraut,soviel steht fest.Während ich heranwuchs,war eine meiner größten Ängste,ich könnte den Verstand verlieren,besonders nachdem ich den beunruhigenden Film Die Schlangengrube mit Olivia de Havilland im Fernsehen gesehen hatte.das waren diese Irren in einem staatlichen Irrenhaus,die sich selbst mit ihren Wahn und Psychosen quälten,und sie wurden wiederum von ihren sadistischen Wärtern gequält,und es bereitete mir überhaupt keine Mühe,mich in iher Mitte zu sehen.Aber in den dazwischenliegenden Jahren habe ich gelernt,was für ein zähes und widerstandsfähiges Organ das menschliche Gehirn ist und wie viele psychischen Hammerschlägen es trotzen kann,aber damals war ich sicher,daß ich einmal mit einem Schlag verrückt werden würde;man geht eine Straße entlang,und-pfft !-plötzlich hält man sich für ein Huhn oder fängt an,die Nachbarskinder mit Gartenhäkslern zu zerstückeln.Ich hatte lange Zeit Angst davor wahnsinnig zu werden.

Playboy : Gibt es Fälle von Wahnsinn in Ihrer Familie ?

King : O,wir hatten eine reiche Ernte Exzentriker,um es milde auszudrücken,jedenfalls von Seiten meines Vaters.Ich erinnere mich an meine Tante Betty,die meine Mutter immer als schizophrene bezeichnete und deren Leben offenbar in einer Klapsmühle zu ende ging.Dann war die Mutter meines ,Vaters,Granny Spansky,die David und ich kennenlernten,als wir im Mittelwesten lebten.Sie war eine große,kräftige Frau,die mich wechselweise fazinierte und abstieß.Ich sehe sie immer noch vor mir,wie sie wie eine alte Hexe mit zahnlosen Zahnfleisch kicherte,während sie einen ganzen Laib Brot in zerlassendem Speck auf einem antiken Herd röstete,was sie dann verschlang und dabei schwelgte :>> Mein Gott,das ist rösch !<<

Playboy : Welche anderen Ängste hatten sie in Ihrere Kindheit ?

King : Nun,der Tod fazinierte und entsetze mich-der Tod im allgemeinen und meiner im Besonderen-,was wahrscheinlich die folge davon war,daß ich als Kind viele Rundfuncksendungen hörte und ein paar verdammt brutale Fernsehserien sah,zum Beispiel Peter Gunn und Highway Patrol,in denen der Tod schnell kam und billig war.Ich war felsenfest davon überzeugt,daß ich keine zwanzig werden würde.Ich stellte mir vor,wie ich eines Abends durch eine dunkle,verlassene Straße nach Hause ging und jemand oder etwas aus dem Gebüsch hervorsprang,und aus.Der Tod als Konzept und die Leute,die den Tod austeilten,fazinierten mich.

Ich erinnerte mich,daß ich ein ganzes Album über Charlie Starkweather sammelte,den Massenmörder der fünfziger Jahre,der zusammen mit seiner Freundin eine blutige Schneise durch den Mittelwesten pflügte. Mein Gott,ich hatte eine menge Mühe,das vor meiner Mutter geheimzuhalten.Starkweather tötete kaltblütig acht oder neun menschen,und ich schnitt sämtliche Artikel über ihn aus,die ich finden konnte,und dann saß ich da und versuchte,den inneren Horror hinter diesem gewöhnlichen Gesicht zu ergründen.Ich wußte,ich sah das ganz große soziophatische Böse vor mir,nicht den netten kleinen Bösewicht von Agatha Christie,sondern etwas Wilderes und entfesseltes.Ich schwankte zwischen Fazination und Ekel,möglicherweise weil mir klar wurde,daß das Gesicht auf dem Foto mein eigenes sein konnte.

Playboy : Um es noch einmal zu sagen,das sind nicht die Gedanken eines typischen Mietglieds der Little League.haben Sie sich nicht schon damals Sorgen gemacht,es könnte etwas Abnormales an Ihrer Besessenheit sein ?

King : Besessenheit ist ein zu starkes Wort.Es war mehr,als wollte ich ein Puzzle lösen,weil ich wissen wollte,wie jemand so etwas wie Starkweather tun konnte.Ich vermute,ich wollte das Unaussprechliche entschlüsseln,so wie die Leute versuchen,den Sinn hinter Auschwitz oder Jonestown zu ergründen.Ich fand das Böse sicher nicht auf die üble Weise verführerisch-das wäre pathologisch-,aber ich fand es anziehend.Und ich glaube,das trifft auf die meisten Menschen zu,anderenfalls wären die Buchhandlungen nicht fünfunddreißig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch voll von Büchern über Adolf Hitler.Die Faszination des Abscheus,wie Conrad das genannt hat.

Playboy : sind die Ängste und Unsicherheiten Ihrer Kindheit bis ins Erwachsenenleben hinein erhalten geblieben ?

King : Ein paar der alten und getreulichen nächtlichen Alpdrücke habe ich noch,etwa die Angst vor der Dunkelheit,aber einige der anderen habe ich einfach gegen neue ausgetauscht.Ich meine,man kann nicht ewig an den Ängsten von gestern kleben bleiben,richtig ? Wollen mal sehen,einige modernisierte Phobien.OK :,ich habe angst vor dem Ersticken,vieleicht weil mein Sohn in der Nacht,als meine Mutter an Krebs starb-sogar praktisch in derselben Minute-,zu Hause in seinem Bett einen furchtbaren Erstickungsanfall hatte.Er war blau angelaufen,als es Tabby endlich gelang,das Hindernis herauszuklopfen.Ich kann mir vorstellen,wie mir dasselbe am Eßtisch passiert,und alle geraten in Panik und vergessen die Heimlich-Methode,und ich werde von einem halben Big Mac weggeputzt.Was sonst noch ? Ich mag Insekten allgemein nicht,aber ich konnte mit den dreißigtausend Küchenschaben in Creepshow zurechtkommen.Aber Spinnen kann ich nicht ertragen ! Unmöglich-schon gar nicht diese großen haarigen,die wie pelzige Basebälle mit Beinen aussehen,sich in Bananenstauden verstecken und darauf warten,einen anzufallen.Herrgott,solche Sachen versteinern mich.

Playboy : Da sie Creepshow erwähnen,das sie geschrieben und in dem sie auch mitgespielt haben,ist dies vieleicht der Zeitpunkt zu fragen,warum der Film an der Kinokasse so sehr durchgefallen ist ?

King : Wir wissen nicht,ob das so ist,denn noch sind nicht alle Abrechnungen aus dem Land da und verbucht.Der Film lief in den ersten Wochen fantastisch,uns seither hier schlecht und dort ganz gut.Ich glaube,die Verisse,die er erhalten hat,haben manche Erwachsene davon abgehalten,ihn sich anzusehen,dafür standen viele Teenager Schlange,ihn zu sehen.Ich habe natürlich mit schlechten Besprechungen gerechnet,weil Creepshow auf den Horrorcomic-Traditionen der fünfziger Jahre beruht und keine Weiterentwicklung ist,sondern eine Nachgestaltung.Hätten die Mainstram-Kritiker das begriffen und gewürdigt,dann hätte ich auf der Stelle gewußt,daß wir mit dem,was wir versucht haben,kläglich gescheitert sind.Natürlich haben ein paar hochangesehende Kritiker wie Rex Reed den Film gemocht,aber das liegt daran,daß sie mit diesen Comics groß geworden sind und sich ihrer mit nostalgischer Verklärung erinnern.

Playboy : Aber selbst Reed war weniger als überwältigt von Ihrer Darstellung;er schrieb :>>King sieht aus und schauspielert genau wie ein übergewichtiger Li`l Abner.<

King : Nein,vollkommen richtig,denn das ist genau die art von Hinterwäldler,die ich spiele sollte,und Romero hat zu mir gesagt,ich solle ihn>>so breit wie einen Highway<

Playboy : Zurück zu dem,was Sie immer noch versteinert-abgesehen von Flops an der Kinokasse.Welches ist Ihre schlimmste Angst ?

King : Ich glaube,daß eines meiner Kinder sterben könnte.Ich glaube- nicht,daß ich damit fertig werden würde.aber es gibt eine Menge andere Dinge : Die Angst,daß etwas in meiner Ehe schiefgeht;daß die Welt in einen Krieg stürzt;Scheiße,ich bin nicht einmal über die Entrophie glücklich.Aber das sind alles Gedanken der Wolfsstunde,die man hat,wenn man nicht schlafen kann und sich herumwälzt und es einem möglich wird,sich selbst davon zu überzeugen,daß man Krebs oder einen Gehirntumor hat,oder,wenn man auf der linken Seite liegt und sein Herz klopfen hört,daß man kurz vor einem tödlichen Herzanfall steht.Und manchmal kann man in der Dunkelheit liegen und davon überzeugt sein,daß man unten etwas hört,besonders wenn man überarbeitet ist.Und wenn man sich wirklich anstrengt,kann man Laute hören,die die Treppe heraufkommen.Und dann,heiliger Gott,sind sie hier,sie sind im Schlafzimmer ! Sie wissen schon,alle Gedanken der finsteren Nacht-der Stoff,aus dem die angenehmen Träume sind.

Playboy : Sie haben Ihre Schlaflosigkeit erwähnt,und sie haben während des ganzen Interviews Exedrin wie Fruchtgummi hinuntergeschluckt.Leiden sie auch an chronischen Kopfschmerzen ?

King : Ja,ich habe ziemlich schlimme Kopfschmerzen.Sie kommen und gehen,aber wenn sie anfangen,dann heftig.Exedrin hilft,aber wenn es wirklich schlimm wird,kann ich nur nach oben gehen und mich im dunkeln hinlegen,bis sie wieder weg sind.Früher oder später verschwinden sie ganz unvermittelt,dann funktioniere ich wieder.Nach allem,was ich in der medizinischen Fachliteratur gelesen habe,ist es keine klassische Migräne,sondern>>Stress-Kopfschmerzen<<,die mich in Zeiten extremer innerer Anspannung oder Überarbeitung heimsuchen.

Playboy : Sie konsumieren noch mehr Bier als Exedrin;und sie haben selbst gesagt,daß sie einmal ein Alkoholproblem hatten.Rauchen sie auch Gras ?

King : Nein,ich ziehe härtere Drogen vor.Jedenfalls früher;ich habe seit ein paar Jahren nicht hartes mehr genommen.Gras macht ich nicht besonders high;ich werde ein wenig ausgelassen,aber hinterher ist mir immer übel.Aber ich besuchte ende der sechziger Jahre die Universität.Es war nicht einmal an der University of Maine ein Problem.,an Drogen hranzukommen.Ich habe jede Menge LSD und Peyote und Meskalin eingeworfen,alles in allem mehr als sechzig Trips.Ich würde mich aber niemals für Acid oder andere halluzinogene Drogen stark machen,denn es gibt gute Trip-Persönlichkeiten uns schlechte Trip-Persönlichkeiten,und letztere Kategorie kann ernsthafte emotionale Schäden bekommen.Wenn man das falsche physiologische und geistige Make-up hat,kann es wie russisches Roulette mit einer geladenen .45er Automatic sein,Acid zu nehmen.Aber ich muß sagen,daß die Ergebnisse bei mir weitgehend positiv waren.Ich hatte nie einen Trip,von dem ich nicht wie nach einer geistigen Läuterung heruntergekommen wäre;es war stets wie eine psychische Müllabfuhr,die den ganzen angesammelten Abfall aus meinem Kpof wegschaffte.Und zu der Zeit brauchte ich diese spezielle Art von geistigem Einlauf.

Playboy : Hatten die Erfahrungen mit halluzinogenen Drogen irgendwelche Auswirkungen auf Ihr späteres Schreiben ?

King : Überhaupt keine.Acid ist nur eine chemische Illusion,ein Spiel

,das man mit seinem Gehirn spielt.Wenn es um eine echte Bewußtseinserweiterung geht,ist es vollkommen wertlos.Ich habe Aldous Huxleys Behauptung,daß Hallizunogene die Pforten der Wahrnehmung öffnen,nie glauben können.Das ist mystische Selbsttäuschung,die Scheiße,die Timothy Leary zu predigen pflegte.

Playboy : Haben Sie Angst vor einer schriftstellerischen Sperre ?

King : Ja,das ist eine meiner größten Ängste.Sehen Sie,wir haben uns vorhin über meine Kindheitsfurcht vor dem Sterben unterhalten,aber die ist etwas,mit dem ich einigermaßen zu Rande gekommen bin.Ich meine,ich kann intelektuell und gefühlsmässig begreifen,daß einmal der Tag kommen wird,da ich unheilbaren Lungenkrebs habe,oder ich gehe die Treppe hinauf und spüre plötzlich eisigen Schmerz meinem Arm entlanglaufen,bevor der Hammerschlag die linke Seite meiner Brust trifft und ich tot die Treppe hinunterfalle.Ich würde mich wohl ein wenig überrascht fühlen und Bedauern empfinden,aber ich würde auch wissen,daß es sich um etwas handelt,dem ich lange den Hof gemacht habe und das sich nun endlich entschlossen hat,mich zu heiraten.Was ich andererseits nicht begreifen oder womit ich nicht zu Rande kommen kann,das ist,als Schriftsteller einfach auszutrocknen.

Das Schreiben ist für meine geistige Gesundheit notwendig.Als Schriftsteller kann ich meine Ängste und Unsicherheiten und nächtlichen Schrecken auf dem Papier externalisieren,und dafür bezahlen manche Leute den Seeelenklempnern kleine Vermögen.In meinem Fall bezahlen sie mich dafür,daß ich mich in meinen gedruckten Büchern psychoanalysiere.Und dadurch bin ich imstande,mich >>geistig gesund zu schreiben<<,wie es die große Dichterin Anne Sexton ausgedrückt hat.Wissen Sie,das ist eine alte Technik der Therapeuten : Bringe den Patienten dazu,sich seine Dämonen von der Seele zu schreiben.Ein Freudscher Exorzismus.Ich kann alle gewalttätigen Energien,die ich habe-und das sind eine Menge-auf Papier auskotzen.Meine ganze Wut,meinen Haß und meine Frustration,alles gefährliche und Kranke und schlechte in mir,kann ich in meine Werke speien.Überall auf der Welt sitzen Leute in Gummizellen,die dieses Glück nicht haben.

Playboy : Was glauben Sie,wären Sie heute,wenn Sie Ihre schriftstellerische Begabung nicht hätten ?

King : Schwer zu sagen.Vieleicht wäre ich ein gelinde verbitteter Englischlehrer an der High-School und würde mich so durchschlagen,bis ich meine Pension erhalten und in die Dämmerjahre abtreten könnte.Andererseits hätte ich ebensogut zusammen mit Charlie Whitman oben im Texas Tower enden können,um meine Dämonen mit einem Zielfernrohr auszutreiben,anstatt mit dem Textcomputer.Ich meine,ich kenne diesen Whitman.Mein Schreiben hat verhindert,daß ich selbst in diesen Turm gegangen bin.

Playboy : Sie haben freizügig über Ihre innersten Ängste und Unsicherheiten gesprochen,aber bisher sind wir noch nicht auf sexuelle Dinge zu sprechen gekommen.Haben Sie da irgendwelche Probleme ?

King : Nun,ich glaube,ich habe ziemlich normale sexuelle Gelüste,was immer das Wort normal in diesen haltlosen Zeiten bedeuten mag.Ich meine,ich stehe nicht auf schafe oder Klistiere oder mehrfach Amputierte oder Marshmallowanbetung oder was immer der letzte schrei sein mag.;Mein Gott,ich bin kürzlich durch einen Sexshop gegangen und habe ein Hochglanzmagazin mit einem Mann gesehen,der auf ein nacktes Mädchen gekotzt hat.Ich meine, chcun a´ son gout und so weiter,aber bäääh ! Ich bin auch nicht auf dem Sadomasochismus-Trip,auf dem Ihre Konkurrenz Penthouse ein ganzes Imperium aufgebaut hat.Verdammt,sie können

ein Foto von einem nackten Mädchen mit diamantbesetzten Hundehalsband machen,das von einem Mann in Leder und mit Knobelbechern an der Leine geführt wird,und trotz künstlerischem Glanz und Gazeschirm vor der Linse und Pastellfarben ist es schund : Es riecht dennoch übelerregend nach KZ-Porno.Es gibt eine Reihe sexueller Möglichkeiten,die mich anmachen,aber ich fürchte,sie sind alle langweilig normal.

Playboy : also versteckt sich kein Schreckgespenst in Ihrer Libido ?

King : Nein,nicht in diesem Sinne.das einzige sexuelle Problem,das ich hatte,war mehr funktioneller Natur.Ich litt vor einigen Jahren vorrübergehend unter Impotenz,und das ist überhaupt nicht komisch,glauben sie mir.

 

Playboy : Was hat sie verursacht ?

King : Nun,ich bin nicht gut genug in klinischer Selbstbetrachtung,daß ich das sagen könnte.Es war kein dauerhaftes Problem.Ich schätze,teilweise war das Trinken dafür verantwortlich-die Engländer nennen das den Brauereihänger.Henry Fiedling hat gesagt,daß zuviel Alkohol bei einem langweiligen Mann den Sexualtrieb hemmen kann,daher gehe ich davon aus,daß ich langweilig bin,wenn das stimmt,denn wenn ich sie zu schnell runterkippe,bin ich schlichtweg zu betrunken zum Ficken. Fusel steigert vielleicht das Verlangen,aber es beeinträchtigt die Ausführung entschieden.Natürlich müssen teilweise psychologische Gründe dafür verantwortlich sein,denn der sicherste Weg,den ich kenne,jemanden impotent zu machen,ist,wenn er sich selbst ständig sagt :>> Mein Gott was ist,wenn ich impotent bin ?<< Zum Glück habe ich schon eine ganze Weile keine Probleme mehr damit. Scheiße, warum habe ich dieses Thema angeschnitten ? Jetzt werddee ich wieder anfangen darüber nachzudenken !

Playboy : Haben sie festgestellt,daß Ihre sexuelle Anziehungskraft zugenommen hat,seit Sie zu Geld und Berühmtheit gekommen sind ?

King : Ja,es gibt eine Menge Frauen,die Ruhm oder Macht oder was auch immer ficken möchten.Das gesamte Groupie-Syndrom.Manchmal ist die Vorstellung eines anonymen Ficks fazinierend : Sehen sie,jemand kommt zu einer Signierstunde in einer Bnuchhandlung und sagt :>> Gehen wir zu mir <<,und Sie verlassen am nächsten Morgen die Stadt,und ein Teil vion Ihnen ist versucht zu sagen :>> Klar doch,gehen wir;wir schütten Wesson-Öl übereinander und vögeln uns echt die Augen raus.<< Aber es ist besser,sich nicht auf diese schlüpfrige Ebene zu begeben-keine Anspielung auf Wesson-Öl beabsichtigt-,und ich habe es auch nicht getan. Meine Ehe ist mir zu wichtig, und außerdem fließt soviel meiner Energie ins Schreiben, daß ich es eigentlich nicht nötig habe, herumzumachen.

Playboy : Waren Sie Ihrer Frau immer treu ?

King : Ja, so altmodisch sich anhören mag. Ich weiß, man erwartet, daß jemand so etwas sagt, wenn es gedruckt wird, aber es stimmt dennoch. Ich würde die Liebe meiner >Frau niemals wegen eines Abenteuers aufs Spiel setzen. Ich bin ihr zu dankbar für ihre unerschütterliche Hingabe an mich und für die Hilfe, die sie mir gegeben hat, damit ich so lernen und arbeiten kann, wie ich es will. Sie ist natürlich eine rose mit Dornen, und ich habe mich früher häufig an ihnen gestochen, daher würde ich es, von allem anderen abgesehen, gar nicht wagen, sie zu betrügen !

Playboy : Haben Sie sich bedroht

gefühlt, als Ihre Frau ihre eigene schriftstellerische Laufbahn einschlug und ihren ersten Roman, Das Puppenhaus, veröffentlichte ?

King : Aber sicher. Ich war verdammt eifersüchtig. Meine Reaktion war wie die eines Kindes. Ich wollte sagen ;>> He, das sind meine Spielsachen

,mit denen kannst du nicht spielen.<< Aber daraus wurde rasch stolz, als ich das fertige Manuskript gelesen hatte und feststellte, daß sie verflucht gute Arbeit abgeliefert hatte. Ich wußte,d aß sie es in sich hatte, den Tabby war eine gute Dichterin und Kurzgeschichtenautorin, als wir in meinem Seniorjahr am College anfingen, miteinander zu gehen, und sie hatte bereits einige Preise für Ihre arbeiten gewonnen. Daher gelang es mir, dieses kindischen Eigensinns sehr rasch Herr zu werden. Aber wenn ihre Bücher sich zum ersten Mal besser verkaufen als meine, dürfte das wieder etwas anderes sein !

Playboy : Weshalb finden sich in Ihren Büchern so auffällig wenig explizierte Sexszenen ? fühlen Sie sich damit nicht wohl ?

King : Nun, Peter Straub sagt :>> Stevie hat den Sex noch nicht endeckt<< ,und ich versuche ihn zu widerlegen, indem ich auf meine drei Kinder deute, aber ich glaube nicht, daß ihn das überzeugt. Ich fühle mich wahrscheinlich tatsächlich nicht wohl damit, aber dieses Unbehagen resultiert aus einem anderen Problem, das ich habe, glaubwürdige romantische Beziehungen zu schildern. Ohne solche starken Beziehungen, auf denen man aufbauen kann, ist es schwer, Sexszenen zu schildern, die glaubwürdig sind und die Handlung voranbringen; sonst würde ich Sex nur willkürlich und sinnlos einbringen, sie wissen schon :O verdammt, zwei Kapitel ohne eine Fickszene, wird Zeit, daß ich eine zusammenschustere.<< In Cujo finden sich ein paar explizierte Sexszenen, und in meinen Kurzroman >>Der Musterschüler<< in Frühling, Sommer, Herbst und Tod, in dem ein vom Nazi-Bösen verführter Teenager sich zusammenphantasiert, wie er ein Mädchen tötet, während er sie vergewaltigt, er bringt sie langsam mit Stromschlägen um und genießt jede Zuckung und jeden Schrei, bis er seinen Orgasmus mir ihren Todeszuckungen koordiniert. Das vereinbarte sich mit dem verdrehten Charakter des Jungen, aber weiter konnte ich nicht in Richtung S/M gehen, denn nach einem gewissen Punkt wirken einfach meine geistigen Unterbrecher.

Playboy : Abgesehen von Ihren Schwierigkeiten, Sexszenen zu schreiben, haben Sie offenbar auch Probleme mit Frauen in Ihren Büchern. Die Kritikerin Chelsea Quinn Yarbro hat geschrieben : >> Es ist niederschmetternd, wenn ein Schriftsteller mit soviel Talent und Kraft und >Vision nicht imstande ist, glaubwürdig weibliche Personen zwischen siebzehn und sechzig darzustellen.<< Ist das eine faire Kritik ?

King : Ja, unglücklicherweise ist es, glaube ich, von aller Kritik, die an mir geübt worden ist, die zutreffendste. Ich würde ihre Kritik sogar noch dahintergehend erweitern, wie ich schwarze Personen darstelle. Sowohl Halloran, der schwarze Koch in Shining, wie auch Mutter Abgail in Das letzte Gefecht sind pappkameradschaftliche Karikaturen von schwarzen Superhelden,die durch die rosa getönte Brille weiß-liberaler Schuld gesehen werden. Und wenn ich glaube, daß ich von der Anklage freigesprochen werde. Und wenn ich glaube, aß ich von der Anklage freigesprochen werden kann, daß die meisten männlichen amerikanischen Schriftsteller Frauen entweder als Dummerchen oder als zerstörerische Huren-Göttinnen porträtieren, dann erschaffe ich jemanden wie Carrie- die als dümmlichres Opfer anfängt und dann zur zerstörerischen Göttin wird, die in einer Explosion hormoneller Wut eine ganze Stadt vernichtet. Ich sehe die Probleme schon, kann sie aber derzeit noch nicht ändern.

Playboy : Man wirft Ihnen außerdem vor, daß Ihre Werke übertrieben nachahmend sind. In Fear Itself, einer kürzlich erschienen Sammlung kritische Essays über Ihre Romane, sagt Verfasser Don Herin :>> King scheint damit zufrieden zu sein, ohnehin abgenutztes Material neu aufzuarbeiten...Selten findet man in Kings Geschichten übernatürliche Schöpfungen, die wenigstens auf frühere werke hindeuten oder daraus geborgt sind.<< Würden Sie widersprechen ?

King : Nein, ich gebe es offen zu. Ich habe mich nie als strahlend orginellen Schriftsteller betrachtet, wenn es darum geht, vollkommen neue Einfälle für die Handlung auszudenken. Selbstverständlich sind in der Genre- wie in der Mainstraem- Literatur gleichermaßen nicht mehr besonders viele davon übrig, und die meisten Schriftsteller arbeiten lediglich ein paar grundlegende Themen auf, ob das nun die ängstliche Introspektion und die ermüdenen Identitätskrisen der Ästheten sind ,die sexuellen und häuslichen Probleme der John-Updike-Schule von Schwanzbetrachtern oder die traditionellen Schemata von Kriminalroman und Science-Fiction und Horror. Ich versuche- gelegentlich erfoilgreich, hoffe ich-neuen Wein aus alten Gläsern einzuschenken. Ich bestreite jedoch nicht, daß die meisten meiner Bücher bis zu einem gewissen Grad nachahmenden Charakter haben, aber einige der Kurzgeschichten sind hinreichend sui generis, und Cujo und Dead Zone- Das Attentat sind beide im Grunde genommen orginelle Konzepte. Aber Carrie, zum Beispiel, wurde zu einem erheblichen Anteil von einem gräßlichen alten B-Film mit dem titel Die Augen des Satans abgeleitet, Shining wurde von Shirley Jacksons großartigen Roman The Haunting of Hill Haus beeinflußt; Das letzte Gefecht verdankt sowohl George RT. Stewarts Leben ohne Ende und M.P.Shiels Die Purpurne Wolke einiges; und Feuerkind hat zahlreiche Vorgänger in der Science- Fiction. Brennen muß Salem ! wurde natürlich von dem großen Klassiker der Genres, Bram Stokers Dracula, beeinflußt, und es weist eine ganz bewußte Ähnlichkeit damit auf. Daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht.

Playboy : Außerdem scheint Sie das Phänomen des Nazitums zu --fazinieren, über das Sie hinreichend in Frühling, Sommer, Herbst und Tod- und im Roman Dead -Zone geschrieben haben, in dem es um den aufstieg eines amerikanischen Hitlers und den verzweifelten Versuch eines Mannes geht, ihn aufzuhalten, bevor es zu spät ist.

King : Nun, die natur des Bösen ist ein natürliches Interesse für jeden Horrorschriftsteller, und das Nazitum ist wahrscheinlich die dramatische Inkarnation dieses Bösen. Was war der Holocaust schon anders als die buchstäbliche Erschaffung der Hölle auf Erden, ein Fließbandinferno mit Feueröfen und menschlichen Dämonen, die die toten mit Mistgabeln in Kalkgruben schaufelten ? Natürlich sind auch im Gulag oder in Ländern wie Kambodscha Millionen gestorben, aber die verbrechen der Kommunisten resultieren aus der Pervertierung einer im Grunde genommen vernünftigen und apollonischen Philosophoie des neunzehnten Jahunderts, währewnd des Nazitum etwas neues und Verderbtes und durch seine ureigenste Natur Perverses war. Ich kann mir gut vorstellen, was für eine gefährliche Fazination er ausgeübt haben muß, als er in den zwanziger Jahren explosionsartig auf der Bildfläche Deutschlands erschien. Der Werwolf in uns ist nie weit von der Oberfläche entfernt, und Hitler wußte, wie man ihn befreit und füttert.Ja,wenn ich in den frühen dreißiger Jahren in Deutschland gewesen wäre, hätte mich das Nazitum wahrscheinlich auch angezogen, glaube ich.

Aber ich bin auch ziemlich sicher, daß ich schon vor 1935 oder 1936,bevor die Konzentrationslager kamen und die Massenmorde ernsthaft anfingen, die natur der Bestie erkannt haben würde, und zwar in mir selbst ebenso wie in der Ideologie, und dann wäre ich ausgestiegen. Aber wenn man nicht selbst in so einer Situation steckt, weiß man natürlich nie, wie man reagieren würde. Doch man kann die Echos des verrückten dionysischen Motors, der die Nazis antrieb, rings um sich herum sehen. Ich bin ein großer Rock`n - Roll- Fan, und Rock war ein großer Einfluß auf mein Leben und meine Arbeit, aber selbst dort kann man ab und zu die Bestie mit ihren Ketten rasseln hören uns sehen, wie sie sich zu befreien versucht. Nichts so Dramatisches wie Altamount; nur die eilden, aufgepeitschten Mobemotionen, die man erzeugen kann, wenn man ein paar tausend Menschen in einem Auditorium hat, die vom Sound und dem Dope aus ihren Schädeln gefetzt werden.

Ich bewundere Bruce Springsteen, und meine Frau und ich besuchten kürzlich eines seiner Konzerte in Toronto, wo er plötzlich den Arm mit geballter Faust gerade ausstreckte wie beim Faschistengruß, und die kreischenden Fans im Auditorium folgten dem Beispiel sofort, und uns war einen unbehaglichen Augenblick zumute, als wären wir in Nürnberg. Und in Springsteen ist nun eindeutig nicht die geringste Spur von Faschismus oder Rassismus oder gewalttätigen Nihilismus wie in einigen der englischen Punks, aber diese Massenhysterie, die man bei Rockkonzerten erzeugen kann, war plötzlich zu einer dunklen und beängstigen Erscheinung gerinnen. Natürlich kann guter, starker Rock ein ganzes Kraftwerk emotionaler Regungen hervorbringen, weil er von Natur aus Aufs- Ganze-gehen- Stoff ist; er ist im attraktivsten Sinne des Wortes anarchistisch; er handelt davon, schnell zu leben, jung zu sterben und eine schöne Leiche abzugeben. Und Horror ist genauso. Beide greifen nach der Schlagader, und wenn sie funktionierten, beschwören sie urtürmliche Archetypen herauf.

Playboy : Sie werden gemeinhin als Horror-Autor bezeichnet; aber sollten Romane wie Das letzte Gefecht, der grundsätzlich ein futuristischer Katastrophenroman ist, nicht eigentlich als Science-Fiction bezeichnet werden ?

King : Ja, technisch gesehen haben sie recht. Es ist sogar so, die einzigen Bücher von mir, die ich als puren, unvermischten Horror bezeichnen möchte, sind Brennen muß Salem !, Shining und jetzt Christine, weil sie alle keinerlei Erklärung für die stattfindenen übernatürlichen Ereignisse liefern. Carrie, Dead Zone und Feuerkind andererseits liegen weit mehr innerhalb der Science- Fiction- Tradition, da sich mit psionischen wilden Talenten beschäftigen, von denen wir vorhin gesprochen haben. Das letzte Gefecht hat in beiden Lagern einen Fuß, denn der zweite Teil des Buches, der Teil, der die Konfrontation zwischen den Kräften der Finsternis und den Kräften des Lichts schildert, enthält ein starkes übernatürliches Element. Und Cujo ist weder Horror noch Science-Fiction, aber ich hoffe, es ist furchteinflößend. Es ist natürlich nicht immer leicht, solche Sachen einzuordnen, aber ich betrachte mich im Grunde genommen schon als Horror-Autor, weil es mir Spaß macht, den Leuten Angst zu machen. So wie Garfield sagt,>> Lasagne ist mein Leben<< ,so kann ich mit Fug und Recht sagen, daß Horror meines ist. Ich würde ihn auch dann schreiben, wenn ich nichts dafür bezahlt bekäme, weil es auf Gottes grüner Erde nichts Schöneres gibt, als den Leuten eine Scheißangst einzujagen.

Playboy : Wie weit würden Sie gehen, den erwünschten Effekt zu erzielen ?

King : Soweit ich gehen muß,bis der Leser davon überzeugt ist,daß er sich in den Händen eines echten,stammelnden,nachweislich mörderischen Wahnsinnigen befindet.Das Genre existiert af drei Ebenen,die verschieden und voneinander getrennt sind,und jede ist ein wenig grober als die vohergehende.Zuoberst kommt der Schrecken,die erlesenste Empfindung,die jeder Schriftsteller erzeugen kann;dann Horror;und dann,auf der untersten Ebene,der Würgereflex des Ekels.Ich versuche natürlich zuerst,Sie zu erschrecken,und wenn das nicht wirkt,versuche ich,es mit Niederknüppeln.Ich habe keinen stolz,ich würde Ihnen ein Sandwich geben,in dem sich Würmer winden,oder ich würde Ihre Hand in ein von Maden wimmelndes totes Waldmurmeltier stecken.Ich würde alles machen,was erforderlich ist;ich würde alles auf mich nehmen,ich würde eine Ratte schlachten,wenn -es sein muß ich habe zu meiner Zeit jede Menge Ratten geschlachtet.Schließlich hat Oscar Wilde gesagt,nichts ist so erfolgreich wie der Exzeß.Wenn jemand wegen dem,was ich geschrieben habe,schreiend erwacht,dann freut mich das sehr.Wenn er lediglich seine Kekse auskotzt,ist das immer noch ein Sieg,wenn auch ein kleinerer.Ich glaube,der größte Triumph wäre,wenn jemand tot umfällt-Herzschlag,weil er sich buchstäblich zu Tode geängstigt hat Ich würde sagen :>> Herrgott,was für ein Jammer<<,und es wäre mein Ernst,aber ein Teil von mir würde denken : Mein Gott,es hat tatsächlich funktioniert !

Playboy : Würden sie irgendwo eine Grenze ziehen-sagen wir einmal Nekrophilie,Kannibalismus oder Kindesmord ?

King : Ich kann mir nicht vorstellen,daß ich über ein Thema nicht schreiben würde,obwohl es wahrscheinlich welche gibt,über dich ich nicht schreiben kann-in Brennen muß Salem ! ist eine Kindesmordszene,als der Vampir ein Baby opfert,aber sie wird nur angedeutet,nicht in allen Einzelheiten geschildert, was meiner Meinung nach die Obszönität der Tat noch steigert. Was Kannnibalismus anbelangt, so habe ich eine Geschichte geschrieben,die von einer Art Kannibalismus handelt. Sie trägt den Titel>> Der Überlebendtyp<< und handelt von einem Chirugen,der nach einem Schiffsunglück an ein winziges,kahles Corallenatoll im Südpazifik angespült wird. Um zu überleben ist er gezungen,sich selbst Stück für stück aufzuessen.er schreibt alles peinlich genau in seinem Tagebuch nieder,und nachdem er seinen Fuß amputiert hat,vermerkt er :>> _Ich habe alles nach Holye getan.Ich habe ihn gewaschen,bevor ich ihn gegessen habe.<< Die Leute sagen,ich wäre so berühmt geworden,daß ich meinen Einkaufszettel veröffentlichen könnte,aber diese Story hat niemand auch nur mit einem drei Meter langen Stab angerührt,und sie sammelte fünf Jahre in meiner Schublade Staub an,bis sie kürzlich in einer Anthologie erschienen ist.Ich gebe zu,daß ich ein paar schreckliche Sachen geschrieben habe,furchtbare Sachen,die mir immer noch Sorgen machen.Ich denke dabei besonders an mein Buch Friedhof der Kuscheltiere,und dabei an eine spezielle Szene,in der ein Vater seinen toten Sohn exhuminiert.Es ist ein paar tage nachdem der Junge bei einen Verkehrsunfall getötet worden ist,und während der Vater auf dem Friedhof sitzt und den toten Sohn in den armen hält und weint,gibt der von >Faulgas aufgedunsene Leichnam gräßliche Rülpser und Fürze von sich-wahrhaft abscheuliche Laute und Gerüche,die mir von Leichenbestattern und Friedhofsarbeitern in allen scheußlichen Einzelheiten beschrieben worden sind.Diese Szene beschäftigt mich immer noch,denn als ich sie geschrieben habe-sie hat sich gewissermaßen selbst geschrieben;meine Schreibmaschine raste wie beim automatischen Schreiben-,da sah ich den Friedhof und konnte die abscheulichen Laute hören und die gräßlichen Gerüche riechen. Kann ich immer noch. Brrr ! Wegen solcher Szenen wollte Tabby nicht, daß ich das buch veröffentlichte.

Playboy : Haben Sie Ihre Bücher jemals selbst zensiert, weil etwas einfach so abscheulich war, daß man es nicht veröffentlichen konnte ?

King :Nein, wenn ich es zu Papier bringen kann, ohne dabei den ganzen Textcomputer vollkotzen, dann ist es,soweit es mich betrifft, geeignet,ans Tageslicht zu gelangen. Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht,daß ich nicht zimperlich bin. Vergessen sie nicht, ich habe keine Illusionen,was das Horror-Genre anbelangt.Es mag durchaus zutreffen, daß wir die Grenzen des wunderbaren erweitern und ein Gefühl der Ehrfurcht angesichts der Geheimnisse des Universums erzeugen und diesen ganzen mist. Aber trotz der großen Worte,die sie von Schriftstellern des Genres hören, daß Horror eine sozial und psychologisch nützliche Katharsis für die Ängste und Aggressionen der Menschen biöldet,ist die brutale Tatsache, daß wir immer noch öffentliche Hinrichtungen als Geschäft betreiben.

wie auch immer ich würde mich nicht selbst zensieren, aber ich wurde einmal zensiert. In der ersten Fassung von Brennen muß Salem ! hatte ich eine Szene, in der Jimmy Cody, der dortige Arzt, im Keller eines Gasthauses von einer Horde Ratten aufgefressen wird, die der Obervampir dorthin befiehlt Sie wuseln über ihn wie ein sich windener, pelziger Teppich und beißén und krallen, und als er versucht, seinen Gefährten oben eine Warnung zuzurufen, wuselt eine in den offenen Mund und windet sich da, während sie ihm die Zunge frrißt. Ich liebte diese Szene, aber mein Lektor machte mir klar, daß Doubleday sie unter gar keinen Umständen veröffentlichen würde, und ich fügte mich schließlich und spießte den armen Jimmy auf Messern auf. Aber, Scheiße, es war einfach nicht dasselbe.

Playboy : Machen >sie sich nie sorgen, dass geistig instabile Leser Ihre erfundene Gewalt im tatsächlichen Leben begehen könnten ?

King : Aber gewiß doch, und das bekümmert mich nicht wenig, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, daß es nicht so ist. Ich fürchte sogar, es könnte bereits geschehen sein. Letztes Jahr wurde in Florida ein Homosexueller ermordet; ein berühmter Ernährungswissenschaftler namens Junk-Food Doctor wurde auf besonders bestialische weise getötet, er wurde gefoltert und langsam erstickt, während der Mörder daneben saß und Billigfraß verspeiste und ihm beim Sterben zusah.Hinterher kritzelten sie das Wort Redrum an die Wand, das ist MURDER - also Mord- rückwärts, was natürlich genau das Wort aus Shining ist. Die dummen Kerle sollten nicht nur geröstet oder wenigstens auf Lebenszeit eingesperrt werden, nein, man sollte sie auch noch wegen Plagiarismus verklagen !

Es gab noch zwei andere, ähnliche Fälle.1977 wurde in Boston eine Frau von einem jungen Mann ermordet, der eine Vielzahl von Küchengeräten verwendete, und die Polizei vermutete, daß er eine Szene aus dem Film Carrie imitiert hatte, in der Carrie ihre Mutter tötet, indem sie sie buchstäblich an die wand nagelt, und zwar mit Küchengeräten vom Korkenzieher bis zum Kartoffelschäler. Und 1980 las eine Frau in Baltimore ein Buch an einer Bushaltestelle; sie wurde Opfer eines versuchten Überfalls. Sie zückte sofort ein verstecktes Messer und erstach ihren Angreifer, und als ein Reporter sie danach fragte ,was sie gelesen hatte, zog sie stolz ein Exemplar von Das letzte Gefecht hervor, und dort werden die Guten nicht eben dazu aufgefordert, die andere Wange hinzuhalten, wenn die Bösen kommen. Vieleicht liegt hier tatsächlich ein Nachahmungstrieb vor wie bei Tylenolvergiftungen.

aber andererseits wären diese Menschen auch tot, wenn ich nie ein einziges Wort geschrieben hätte. Die Mörder hätten dennoch gemordet. Ich finde daher, wir sollten dem Impuls widerstehen, den Botschafter seiner Botschaft wegen zu töten. Das Böse ist im Grunde genommen dumm und phantasielos und braucht keine kreative Inspiration von mir oder sonstwem. Aber obwohl ich das alles vernunftmäßig weiß, muß ich gestehen, es ist beunruhigend zu denken, daß ich, wie weitläufig auch immer, mit der Mordtat von jemand anderem in Verbindung gebracht werden könnte. Wenn ich mich also verteitigend anhörew, dann liegt es daran, daß mir so zumute ist.

Playboy : In einer Besprechung Ihrer Arbeit in The New Repuplic hat die Autorin Michele Slung gesagt, die grimmige Natur ihrer Themen könnte einige Kritiker verleiten, Ihre literarische Begabung zu unterschätzen. Slung ,einte :> King wurde vom Establishment der Kritik nicht besonders ernst genommen, wenn überhaupt...Sein wahres Stigma- der Grund dafür, daß man ihn nicht im Wettstreit mit echten Schriftstellern sieht- ist, daß er beschlossen hat, über Dinge zu schreiben, die in der Nacht spuken. <

King : Nein, im allgemeinen nicht.Die meisten Kritiker im ganzen Land waren freundlich zu mir, daher habe ich diesbezüglich keine Beschwerden.Aber sie hat natürlich recht,wenn sie auf die Tatsache hinweist,daß ein kleines,aber einflußreiches Element des literarischen Establishment Horror und Fantasy zur Ghetto-Literatur abstempelt und sofort außerhalb des Bereichs der sogenannten ernsten Literartur verweist.Ich bin sicher,die Vorgänger dieser Kritiker im neunzehnten Jahrhundert hätten Poe verächtlich als den großen amerikanischen Schundschreiber abgetan.

Aber dieses Problem reicht über mein spezielles Genre hinaus.Diese kleine Elite,die sich in den Literaturmagazinen und Rezensionsspaltern einflußreicher Zeitungen und Zeitschriften an beiden Küsten drängt,geht davon aus,das jede populäre Literatur per Definition auch schlechte Literatur sein muß.Diese Kritik richtet sich eigentlich gar nicht gegen schlechtes Schreiben,sie richtet sich gegen einew ganze art des Schreibens.Meine Art des Schreibens,wie sich herausstellt.Diese Bewahrer der hehren Kultur betrachten es fast als religiöses Glaubensgebot,daß sich Handlung und Sory dem Stil unterordnen müssen,wogegen es meine tiefste innere Überzeugung ist,daß die Sorry das Westentliche drin muß,weil sie die gesamte literarische arbeit definiert.Alle anderen Überlegungen sind zweitranig-Thema,Stimmung,sogar Charakterisierung uns Sprache.

Playboy : Das Magazin Time,das kaum eine hochgestochene Bastion ist,hat sie als einen Meister der >>postliterarischen Prosa<< verdammt,und The Village Voice veröffentlichte einen ätzenden angriff ,der mit einer Karikatur Ihrer Person illustriert war,sie Sie als fettes, bärtiges Schwein zeigt,das über Säcken voll Geld grinst, während Ihnen eine Ratte bewundernd auf der Schulter sitzt.In der Voice stand :>> Wenn sie Geist, Intelligenz oder einsichten schätzen,selbst wenn Sie nur bereit sind,sich mit dem geringsten Anzeichen guten Stils zu begnügen, dann können Sie Kings Bücher getrost vergessen.<<

King : Dieser Angriff der Voice hat ein politisches Element. Sehen Sie,ich betrachte die welt auf eine altmodische Weise.Ich glaube,daß die Menschen ihr eigenes schicksal bezwingen und gewaltige Anforderungen konfrontieren und meistern können.Ich bin davon überzeugt,daß es absolute werte von Gut und Böse gibt,die in diesem Universum um die Voherrschaft ringen-was natürlich vom Ansatz her ein religiöser Standpunkt ist. Und ich bin der Meinung-was mich in den Augen der >> erleuchteten << cognoscenti natürlich noch mehr verdammt- daß die tradionellen werte von Familie, Treue und persönlicher Ehre nicht samt und sonders in der modischen kalifornischen Gußform der >Ich <<- Generation ertrunken und aufgelöst worden sind. Das bringt mich natürlich in Widerspruch zu einer essentiell städischen und liberalen Sensibilität, die jedwede Veränderung mit fortschritt gleichsetzt und sämtliche Konversationen zerstören will, und zwar in der Literatur ebenso wie in der Gesellschaft. Ich betrachte diese Art von Radical Chic nun freilich ungefähr ebenso wohlwollend, wie Tom Wolf das in seinen früheren politischen Schriften getan hat. Und die Village Voice hat als Fahnenträger linksliberaler werte nun ganz treffend geschlossen, daß ich in gewisser Hinsicht der Feind bin. Sehen sie, Menschen wie ich erbosen Menschen wie sie. Sie sagen letztendlich :>> Welches recht hast du, die Leute zu unterhalten ? dies ist eine ernste Welt mit einer Menge ernsten Problemen. Sitzen wir herum und kratzen am Schorf; das ist Kunst.<<

der kritische Ansatz in dem Artikel von Time war etwas anderes. Dort wurde ich weitgehend angegriffen, weil ich auf Bilder zurückgreife, die Film und Fernsehen entstammen, und man fand, daß das entwürdigend für die Literatur ist und möglicherweise ihrer bevorstehenden Demontage den Weg ebnet.Tatsache ist aber,ich schreibe für eine Generation,die unter dem Einfluß der Ikonen populärer amerikanischer Kultur aufgewachsen ist,von Hollywood zu McDonalds,und es wäre lächerlich,so zu tun,als würden diese Menschen den ganzen tag herumsitzen und über Proust nachdenken.der Kritiker von Time hätte seine Kreitik an Henry James richten müssen,der schon vor achtzig Jahren festgestellt hat,>>eine gute Gespenstergeschichte muß an hundert verschiedenen Stellen mit gewöhnlichen Dingen des -Lebens verbunden sein.<<

Playboy : John D.McDonald,einer Ihrer großen Fans,hat vohergesagt,daß>> Stephen King sich nicht auf sein derzeitiges Interessengebiet beschränken wird<<. Hat er recht ? Und wenn ja,was werden Sie in Zukunft machen ?

King : Nun,ich habe schon früher sogenannte Mainstream-Stories und sogar Romane geschrieben,aber Romane waren ziemlich frühe und amateurhafte Werke.Ich werde über alles schreiben,was meine Phantasie anregt,ob das nun Werwölfe sind oder Baseball.Ein paar Leute scheinen überzeugt davon,daß ich Horror lediglich als Schablone für kommerziellen erfolg ansehe,eine Geldmaschine,deren Hebel ich den Rest meines Lebens ziehen werde,während andere der Überzeugung sind,sobald mein Bankkonto die richtige kritische Massre erreicht,werde ich allen kindischen Unsinn hinter mir lassen und die Antwort dieser Generation auf Wiedersehen mit Brideshead schreiben.Tatsache ist aber,daß Geld so oder so nicht damit zu tun hat. Was ich schreibe,das macht mir Spaß,und ich wollte und könnte nichts anderes schreiben.

Meine Art des Geschichtenerzählens liegt in einer langen,von der Zeit geheiligten _ Tradition,die bis zu den griechischen Barden und mittelalterlichen Minnesängern zurückreicht.In gewisser weise sind Leute wie ich das moderne Äquivalent der alten walischen sündenesser,den wandernen Barden, die ins Haus gerufen wurden,eenn jemand auf dem Totenbett lag. Die Familie setzte ihm ihr bestes Essen und Trinken vor,denn währen er aß,n ahm er gleichzeitig auch alle Sünden der Sterbenen Person in sich auf,damit seine Seele im Augenblick des Todes unbefleckt und reingewaschen gen Himmel fahren konnte.Und das machten die Sündenesser Jahr für Jahr,und alle wußten,sie würden zwar mit vollen Bäuchen sterben,aber dafür direkt zur Hölle fahren.

In diesem Sinne absorbieren also ich und meine Kollegen Horrorautoren alle Ihre Ängste und Befürchtungen und Unsicherheiten und nehmen sie auf uns selbst.Wir sitzen in der Dunkelheit außerhalb Ihres wärmenden Feuerscheins,und wer kichern in unsere Kessel und spinnen unsere Spinnennetze der Worte,während wir die ganze Nacht das Kranke aus Ihren Köpfen saugen und in die nacht spuken.

Playboy : Sie haben vorhin gesagt daß sie ein abergläubischer Mensch sind.Haben Sie jemals die Befürchtung, daß alles zu gut für sie läuft und daß plötzlich eine böse kosmische Kraft kommen und Ihnen das alles wieder wegnehmen wird ?

 

King : Das fürchte ich nicht, das weiß ich. Es muß so sein, daß eine Katastrophe oder Krankheit oder eine andere kataklysmische Betrübnis schon -ein Stück die Straße entlang auf mich wartet. Sehen Sie, es wird niemals besser;sie werden nur schlimmer. Und wie John Irving gesagt hat, wir werden nur bescheiden dafür belohnt, daß wir sind, aber unsere Übertretungen werden mit absurder Härte bestraft. Ich meine, nehmen sie einmal etwas Schönes wie das Rauchen .Was ist das doch für eine kleine Freude : sie setzen sich nach dem Essen mit einem guten Buch und einem Bier hin, zünden sich eine Zigarette an und entspannen sich zehn Minuten lang ,und sie schaden dabei keinem, jedenfalls solange sie ihm nicht den Rauch ins Gesicht blasen. Aber welche Strafe verhängt Gott für diese läsliche Sünde ? Lungenkrebs, Herzanfall, Herzschlag Und wenn Sie eine Frau sind, die während der Schwangerschaft raucht, dann stellt er sicher, daß sie einen hübschen, tropfenden, gesunden Mongoloiden gebären. Komm schon Gott, wo ist- dein Sinn für Verhältnismäßigkeit ? Aber dieselbe Frage stellte Hiob vor dreitausend Jahren, und Jehova brüllte aus seinem wirbelwind- zurück :>>Halt´s Maul, Arschgesicht, und nimm das, was ich dir gebe.<< Und die einzige Antwort. Die wir jemals bekommen, daher weiß ich, daß es schlimmer wird.Ich weiß es einfach.

Playboy : Bei jedem anderen wäre diese abschließende Frage ein Klischee. Bei Ihnen scheint sie genau richtig zu sein : welche Inschrift hätten sie gern auf Ihrem Grabstein ?

King : In meiner Novelle >> Atemtechnik<< in Frühling, Sommer, Herbst und Tod habe ich- einen geheimnissvollen Privatclub in einem altem Backsteinhaus in der Reast 35th Street in Manhattan erschaffen, in dem sich eine seltsame Schar Männer regelmäßig trifft, um sich ungewöhnliche Geschichten zu erzählen. Oben sind viele Zimmer, und als ein neues Mitglied sich nach der exakten Zahl erkundigt, Sie können sich da oben verirren.<< Dieser Herrenclub ist in Wahrheit eine Metapher für den gesamten Prozeß des Geschichtenerzählens. In mir sind ebenso viele Geschichten, wie es Zimmer in diesem haus gibt, und ich kann mich sehr leicht in ihnen verirren. Im Klub wird jedenfalls vor jeder Geschichte ein Trinkspruch ausgebracht, der die Worte über dem großen Kamin in der Bibliothek wiedergibt : Die Geschichte zählt, nicht der Erzähler. Für mich war das im Leben ein guter Führer, und ich glaube, das würde einen guten Spruch für meinen Grabstein geben. Nur das, kein Name.



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